Politik bietet immer zweierlei. Natürlich wollen die Menschen wissen, was nach einer Wahl von den Versprechen übrig bleibt, ob sie mehr Geld in der Tasche haben werden oder nicht. Darüber hinaus interessiert aber auch immer das Schauspiel, das geboten wird.

Diesbezüglich können sich Freunde des Shakespeare'schen Dramas nicht beklagen, denn SPD-Chef Martin Schulz geht ganz in seiner Rolle als "Bösewicht" auf. Grundsätzlich ergibt es Sinn, den Fraktions- und den Parteivorsitz in eine Hand zu legen. Es ist auch lobenswert, wenn die alte Tante SPD nach 150 Jahren mit Andrea Nahles zum ersten Mal eine Frau an der Spitze bekommt. Die CDU hat ja schon seit dem Jahr 2000 eine Chefin.

Doch wie diese Personalwechsel nun vorgenommen werden, das ist schon atemberaubend. Schulz verteilt gleich zwei heftige Tritte. Der erste trifft die SPD-Basis, die ihm noch vor einem Jahr zu Füßen gelegen ist. Er habe nicht mehr die Kraft zur Erneuerung, sagt Schulz und gibt den Parteivorsitz weiter wie eine angebissene Banane.

Der zweite Tritt trifft Sigmar Gabriel, der Schulz eines voraushat: Er hat sich die Herkulesaufgabe, die SPD zu führen, acht Jahre angetan und muss schmerzhaft erfahren, dass Dankbarkeit keine politische Kategorie ist.

"SPD" darf mit Schulz nun so beschrieben werden: Selbstbedienungs-Partei Deutschlands. Dass diese Aktionen Schulz in der neuen Regierung und in der SPD stärken, darf bezweifelt werden.

Ihm zum Trost: Seiner Konkurrentin Angela Merkel geht es auch nicht gut, ihr bläst nach der Schrumpfkur der CDU heftiger Wind ins Gesicht, was nicht weiter verwunderlich ist. Jahrelang war Merkel der Garant für den Erfolg der CDU. Doch ihre Strahlkraft hat enorm gelitten. Merkel über alles: Dieses Motto überzeugt viele Christdemokraten nicht mehr. Sie wollen nicht mehr jeden Preis für ihre Kanzlerschaft zahlen, auch ihnen missfällt das neue Kürzel für die CDU: Christliche Dezimierungs-Union.

Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass Merkel und Schulz sich jetzt doch stark geschwächt in einer Koalition wiederfinden und dazu verdammt sind, etwas daraus zu machen. Für beide – das wissen sie auch – ist es die letzte Gelegenheit. Kommt es, wann auch immer, zu Neuwahlen, sind sie weg vom Fenster. Und daneben thront der erstarkte CSU-Chef Horst Seehofer mit seinem Innen- und Heimatressort. Man darf sich auf bunte Zeiten einstellen. (Birgit Baumann, 8.2.2018)