Vor allem, dass Merkel das Finanzministerium schließlich der SPD überließ, wurmt viele.

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Muss man sich eine Lederhose kaufen? Wird der Sitz des neuen Heimat ministeriums im Schloss Neuschwanstein sein? Kommt auch ein "Schunkelministerium"? Es gibt in diesen Tagen viel Spott im Netz, vor allem über CSU-Chef Horst Seehofer, der ja in der neuen großen Koalition nicht nur Innen-, sondern auch Heimatminister werden soll. #HeimatHorst lautet das entsprechende Hashtag.

Seehofer selbst ficht das wenig an, er ist höchstzufrieden mit dem Ergebnis. "Ich kann mich an keinen Koalitionsvertrag erinnern, in dem in dieser Dichte ein Arbeitsprogramm beschrieben ist", erklärte er am Donnerstag und konnte auch gleich ein einstimmiges Ja des CSU-Vorstandes vermelden.

Deutlich schlechter ist die Stimmung bei der großen Schwester CDU. Dort herrscht Unmut über die Ressortverteilung – konkret darüber, dass Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel alle Schlüsselministerien der SPD und der CSU überlassen hat, um die Groko zustande zu bringen und um Kanzlerin zu bleiben.

"Nicht dolle abgeschnitten"

Rot sind Außen-, Finanz- und Arbeitsministerium, das um Heimatagenden erweiterte Innenministerium ging an die CSU. "Da haben wir nicht so dolle abgeschnitten. Die Sozialdemokraten haben für sich eine Menge rausgeholt", sagt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und mahnt: "Die Union braucht definitiv eine Erneuerung."

Vor allem, dass Merkel das Finanzministerium, das acht Jahre lang von Wolfgang Schäuble (CDU) geleitet wurde, schließlich der SPD überließ, wurmt viele, wenngleich man sich noch an die gute Zusammenarbeit von Merkel und Peer Steinbrück (SPD) während der ersten großen Koalition (2005 bis 2009) erinnert.

"Das tut uns weh. Das ist unzweifelhaft so. Wir hätten das Finanzressort gern behalten", sagt die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Sie steht zur Über raschung vieler nicht auf der schwarzen Ministerliste. In Berlin hatte man eigentlich damit gerechnet, dass sie einen Top-Job bekommen wird, da sie als potenzielle Merkel-Nachfolgerin gilt.

Besonders deutlich werden CDU-Bundestagsabgeordnete, die den Mittelstand vertreten. "Der Kabinettszuschnitt ist ein politischer Fehler. Jetzt besteht die Gefahr, dass bei einem SPD-Finanzminister doch mehr SPD-Europapolitik ins Finanzministerium einzieht. Das ist sicherlich nicht gut", sagt Christian von Stetten.

Keine Ausgewogenheit

Und Carsten Linnemann klagt: "Die Verteilung der Ressorts lässt jede Ausgewogenheit vermissen. Dieses deutliche Ungleichgewicht zulasten der Union und zugunsten der SPD ist bitter und wird lange in den Kleidern bleiben."

Von Merkel war am Donnerstag nichts zu hören, doch man konnte sich auf Seehofer verlassen. Der schilderte ausführlich, wie Merkel am Schluss der Verhandlungen bei den Schlüsselministerien Außen, Finanzen sowie Arbeit und Soziales unter Druck geraten war.

Die SPD habe "sehr beharrt, dass sie diese drei Ministerien will, dass sie sonst nicht in die Regierung eintreten kann", sagte Seehofer. Die Debatte darüber habe stundenlang gedauert, "auch mit stundenlanger Sprachlosigkeit", so der CSU-Chef.

Zur Verteidigung Merkels meldete sich CDU-Vizechefin Julia Klöckner: "Wichtig ist, dass wir ein weiteres Schlüsselressort aber auf der anderen Seite bekommen haben, nämlich das Thema Wirtschaft." (Birgit Baumann aus Berlin, 8.2.2018)