Düsseldorf/Hamburg – Gabor Steingart, Herausgeber des "Handelsblatt", verlässt die Verlagsgruppe – das machte der deutsche Verlagskonzern am Freitagnachmittag offiziell. Die Gruppe erklärt das mit "Differenzen in wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Fragen und eine "im Einzelfalll unterschiedliche Beurteilung journalistischer Standards".

Laut einem Bericht von Spiegel Online war der Anlass Steingarts Kommentare über SPD-Chef Martin Schulz – er schrieb am Mittwoch vom Plan für den "perfekten Mord" an Außenminister Sigmar Gabriel – sollen Dieter von Holtzbrinck erbost haben, den Haupteigentümer der Handelsblatt Media Group.

"Der perfekte Mord"

"Der mittlerweile ungeliebte Parteichef Martin Schulz will den derzeit beliebtesten SPD-Politiker, Außenminister Sigmar Gabriel, zur Strecke bringen und an dessen Stelle im Ministerium Quartier beziehen", schrieb Steingart in seinem Morgen-Newsletter am Mittwoch: "Das Duell wird nach den Regeln des Parteienkampfes ausgetragen, also im Verborgenen. Besondere Raffinesse wird dabei vor allem von Schulz verlangt, da er sich nicht beim Mord an jenem Mannerwischen lassen darf, dem er das höchste Parteiamt erst verdankt. Der Tathergang wird in diesen Tagen minutiös geplant. Der andere soll stolpern, ohne dass ein Stoß erkennbar ist. Er soll am Boden aufschlagen, scheinbar ohne Fremdeinwirkung. Wenn kein Zucken der Gesichtszüge mehr erkennbar ist, will Schulz den Tod des Freundes aus Goslar erst feststellen und dann beklagen. Die Tränen der Schlussszene sind dabei die größte Herausforderung für jeden Schauspieler und so auch für Schulz, der nichts Geringeres plant als den perfekten Mord."

Das Mail sei nur der Anlass für Holtzbrincks Bruch mit Steingart, zitiert Spiegel Online einen Vertrauten des Verlegers.

Holtzbrinck habe sich am Mittwoch mit einem Brief bei Schulz entschuldigt: "Das heutige 'Morning Briefing' von Gabor Steingart hat mich schockiert. Inhalt und Stil des Sie betreffenden Textes entsprechen weder meinen publizistischen Qualitäts- und Wertevorstellungen noch denen der Handelsblatt-Redaktion." Er entschuldige sich "vielmals" auch "im Namen des Handelsblatt", zitiert Spiegel Online.

Auf der Seite der Handelsblatt Media Group war in der Nacht auf Freitag noch ein Foto von Dieter von Holtzbrinck und Steingart Aufmacherbild. Daneben ein Zitat von Steingart: "Wir sind keine Tochterfirma der Holzindustrie, sondern eine Gemeinschaft zur Verbreitung des wirtschaftlichen Sachverstandes".

In der Nacht auf Freitag noch Aufmacherbild auf der Seite der Handelsblatt Media Group: Herausgeber Steingart und Eigentümer Holtzbrinck.
Foto: Handelsblatt Media Group Screenshot

Nun zwei Morning Briefings

Steingart darf die 700.000 Abonnenten seines "Morning Briefing" für das "Handelsblatt mitnehmen und sie "in eigener Eigentümerschaft als unabhängige journalistische Stimme" mit einem Morgennewsletter beschicken. Das "Handelsblatt Morning Briefing" werde ohne ihn "wie gewohnt weiter erscheinen", teilt die Verlagsgruppe mit. (red, 9.2.2018)