Heute sind Ringelnattern in Europa weit verbreitet und kommen sogar in Sibirien vor.

Foto: Senckenberg/Vamberger

Dresden – Bisher ging man davon aus, dass wärmeliebende Reptilien die Kaltzeiten auf den südlichen Halbinseln Europas überlebten und sich nach Norden ausbreiteten, als es im Holozän beziehungsweise in den Zwischenwarmzeiten wieder wärmer wurde. Nun aber haben internationale Wissenschafter anhand genetischer Untersuchungen herausgefunden, dass sich während der letzten mitteleuropäischen Eiszeit nicht alle Ringelnattern in wärmere Gebiete zurückgezogen haben.

"Coole" Schlangen

Unter den wärmeliebenden Reptilien gelten Ringelnattern durchaus als "coole Vertreter": Ihr heutiger Lebensraum erstreckt sich unter anderem bis zu den sibirischen Permafrostböden sowie rund um den finnisch-russischen Ladogasee. "Dass die thermophilen Schlangen aber die pleistozänen Eiszeiten in Mitteleuropa ‚überwinterten’ hat uns alle zutiefst überrascht", erklärt Uwe Fritz von der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden.

Mit genetischen Methoden haben Fritz, seine Doktorandin Carolin Kindler und ihre spanische Kollegin Eva Graciá entdeckt, dass sich die heute in Europa weit verbreiteten Schlangen nicht alle in warme, mediterrane Gebiete zurückgezogen hatten. Insgesamt 1372 Datensätze der für den Menschen harmlosen Reptilien hat das Team im Rahmen seiner Studie untersucht, wie es im Fachjournal "Scientific Reports" berichtet.

Hohe genetische Diversität

"Dabei wurden verschiedene genetische Linien der Barrenringelnatter (Natrix helvetica) beziehungsweise der östlichen Ringelnatter (Natrix natrix) betrachtet", erklärt Kindler. "Eine der Linien von Natrix natrix hat die Eiszeit in zwei getrennten Refugien verbracht: eines befand sich auf dem Südbalkan, das andere jedoch unerwarteter Weise in Mitteleuropa."

Als Beleg für diese Theorie führen die Dresdner Wissenschafter unter anderem die – im Vergleich zu ihren südlicher lebenden Verwandten – sehr viel höhere genetische Diversität der Ringelnattern in Norddeutschland und Skandinavien an. "Das Modell der ‚warmen Refugien’ – der Zufluchtsorte im mediterranen Raum – während der Eiszeit sollte demnach überdacht werden. Gut möglich, dass sich auch weitere, wärmeliebende Tiere der Kälte direkt vor Ort widersetzten", sagt Fritz. (red, 11.2.2018)