Ein illustrierter lateinischer Prachtkodex aus der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom.

Foto: Universitätsbibliothek Heidelberg

Heidelberg – Eine legendäre historische Bibliothek ist nach jahrhundertelanger Trennung zumindest virtuell wiedervereint worden: die Bibliotheca Palatina in Heidelberg gilt als eine der wertvollsten Sammlungen von Handschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Während des Dreißigjährigen Krieges beanspruchte sie der Papst für sich und er ließ sie über die Alpen nach Rom schaffen. Ein Teil der Sammlung, die deutschen Werke, wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts an Heidelberg rückerstattet.

Für die Zusammenführung hat die Universitätsbibliothek Heidelberg nun nicht nur die deutschsprachigen Handschriften in ihrem eigenen Bestand digitalisiert, sondern auch die lateinischen Codices dieser "Mutter aller Bibliotheken", die sich seit fast 400 Jahren hinter den Mauern des Vatikans in der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom befinden. Der Kernbestand von rund 3.000 Handschriften ist über das Internet für jedermann zugänglich.

"Der beste Schatz aller Gebildeten in Deutschland"

Über fast 250 Jahre war die Bibliotheca Palatina aus zwei Quellen erwachsen – den fürstlichen Sammlungen auf dem Heidelberger Schloss und den Bibliotheken der 1386 gegründeten Universität Heidelberg. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde sie als der "beste Schatz aller Gebildeten in Deutschland" bezeichnet. Die Universalbibliothek umfasst neben theologischen, philologischen, philosophischen und historischen Werken auch medizinische, naturkundliche und astronomische Texte.

Als zu Beginn des Dreißigjährigen Krieg im August 1622 Truppen der katholischen Liga die Kurpfalz eroberten, wollte der bayerische Herzog Maximilian I. die berühmte Bibliothek nach München bringen, doch Papst Gregor XV. erhob Einspruch. Er reklamierte sie für sich und ließ die Codices auf Eseln in fast 200 Kisten unter teilweise nicht gerade bücherfreundlichen Bedingungen nach Rom transportieren

Im Rahmen des Wiener Kongresses konnten 1816 zumindest die deutschen Handschriften wieder in die Universitätsbibliothek Heidelberg zurückkehren. Sämtliche Drucke und die fremdsprachigen handschriftlichen Werke befinden sich noch in Rom, wo sie einen Grundstock der Vatikanischen Bibliothek bilden. (red, 9.2.2018)