Auch vor der Sagrada Família, einem der Wahrzeichen Barcelonas, stauten sich zuletzt weniger Besucher als in früheren Jahren.

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Die Zahlen des vierten Quartals 2017 zeigen die wirtschaftlichen Auswirkungen der politischen Entwicklung in Spaniens rebellischer Nordostregion Katalonien. Mehr als 2500 Unternehmen haben seit dem Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 ihren Firmensitz ins restliche Spanien verlegt, sagen örtliche Behörden. Die Regierung in Madrid spricht gar von über 3.000.

Die in Madrid regierenden Konservativen unter Ministerpräsident Mariano Rajoy änderten im Schnellverfahren das Gesetz, um einen solchen Ortswechsel zu erleichtern. Große Banken, Versicherungen und Energieversorger waren die Ersten, die davon Gebrauch machten.

Weniger verkaufte Luxusimmobilien

In Sachen Jahresbilanz wirkt sich der "Procés" – wie der Weg hin zur Unabhängigkeit von deren Befürwortern getauft wurde – vor allem auf die Immobilienbranche, den Tourismus und damit verbunden auf den Einzelhandel aus. Bei Luxusimmobilien waren im vierten Quartal 2017 deutlich weniger Verkäufe zu verzeichnen als in den Vormonaten.

Große Maklerfirmen berichten von einem Rückgang von mehr als 50 Prozent beim Verkauf von Wohnungen in der Preisklasse von mehr als einer Million Euro. Die Käufer sind üblicherweise reiche Ausländer. Wohnungen, die sich normale Familien leisten können, sind von dieser negativen Entwicklung nicht betroffen, heißt es in der Branche.

Während Spanien ein Rekordtourismusjahr verzeichnet, bleiben in Katalonien seit dem Referendum am 1. Oktober die Besucher aus. In den vergangenen drei Monaten des Jahres gingen die Übernachtungen von Besuchern aus dem restlichen Spanien um 4,8 Prozent und die von ausländischen Touristen gar um 14,5 Prozent zurück.

Warnung an Urlauber

Die Regierung im Nachbarland Frankreich warnte vor Demonstrationen, auch wenn diese ausnahmslos friedlich verliefen. Katalonien ist traditionell eines der beliebtesten Reiseziele der Franzosen im Herbst. Die französische Presse berichtete von einem Rückgang der Buchungen um zehn Prozent. "Katalonien ist unsympathisch geworden", titelte der Nachrichtensender France Info auf seiner Website. Die Entwicklung im Tourismus wirkte sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. 2017 wurden in Katalonien 8.500 Arbeitsverträge weniger als im Jahr davor unterzeichnet.

Statistiken wären allerdings keine Statistiken, würde sich nicht auch das Gegenteil finden lassen. Das Wachstum in Katalonien lag trotz "Procés" mit 3,4 Prozent des regionalen BIP nur ein Zehntel unter dem von 2016 und 2015 und befindet sich damit noch immer drei Zehntel über dem Wachstum Gesamtspaniens und einen Prozentpunkt über dem der Europäischen Union.

Dies ist vor allem der Industrie, der Baubranche und der Exporte zu verdanken. Diese wuchsen trotz politischer Streitigkeiten der Unabhängigkeitsbefürworter mit Madrid. "Die ersten Daten aus 2018 zeigen, dass die politische Instabilität das Wachstum der autonomen Region nicht bremste", schreibt die Tageszeitung "El País". (Reiner Wandler aus Madrid, 13.2.2018)