Wenn Helmut Schmidt das noch erleben könnte: Der Elbsegler, jene beschirmte Seemannsmütze, die der einstige deutsche Bundeskanzler sogar zu Staatsbesuchen trug, erlebt so etwas wie eine Wiedergeburt. Modische Frauen schieben die Mütze reihenweise in den Nacken. Dabei geht es weniger darum, die "Hamburgerin" oder eine Matrosin zu geben. Die Idee hinter der Mütze aus schwarzem oder blauem Marinetuch: Sie verleiht den Outfits jene maritime Lässigkeit, jenen windigen Chic, der jedes Ringelshirt in den Schatten stellt.
Das weiß keiner besser als Karl Lagerfeld. Der Sohn eines Hamburger Kondensmilch-Fabrikanten veranstaltete Anfang des Jahres eine Show in der Hamburger Elbphilharmonie. Und ließ es sich nicht nehmen, jenes Accessoire, das bislang vor allem männliche Schädel warm hielt, Models und geladenen Gästen aufzusetzen.
Die Mütze entpuppte sich als beste Werbung für Chanel, für Hamburg und nicht zuletzt den Anfang Achtzigjährigen, der wieder einmal Instinkt bewies: Die verwegene Schiebermütze schafft es, jeglichen Altherrenmief abzustreifen, und sieht plötzlich wieder jung und frisch aus.
Wie unwiderstehlich die Schiebermütze aussehen kann, hat vor einigen Jahrzehnten Julia Roberts vorgemacht. In "Pretty Woman" trug sie einen Elbsegler zu einem Nichts an Outfit – über ihrer Kurzhaar-Perücke. Was nicht sonderlich gelungen klingt, verfehlte seine Wirkung nicht. Roberts angelte sich den Mann, auf recht konventionelle Weise.
Es kann also nicht schaden, den Elbsegler anders zu interpretieren. Dem britischen Model Stella Tennant gelang das zuletzt recht gut. Sie besuchte eine Chanel-Show in Lackkleid und weißer Bluse, obenauf eine Schiebermütze. Sie bewies: Stilbrüche zahlen sich aus. (Anne Feldkamp, 15.2.2018)