Typ-2-Diabetes steht oft in Verbindung mit Fettleibigkeit. Adipositas wurde im Jahr 2000 offiziell als Krankheit anerkannt.

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Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg haben in einer Studie entdeckt, dass eine gewichtsreduzierende Operation von stark adipösen Patienten mit Typ-2-Diabetes die Langzeitschäden an den Gefäßen verhindert.

So ist die Operation deutlich wirksamer um mikrovaskuläre diabetische Komplikationen vorzubeugen als die bisherige medikamentöse Therapie. Nephropathie, Neuropathie und Retinopathie, also Schäden an den Nieren, Nerven und Augen, treten als häufigste Komplikationen auf. Die Ergebnisse der Studie wurden im "British Journal of Surgery" publiziert.

Die genannten Beschwerden sind für die hohen Folgekosten von Diabetes verantwortlich und können langfristig zu Blutwäsche (Dialyse), notwendigen Amputationen und Blindheit führen. Die Ursache dieser Spätschäden ist jedoch nicht restlos geklärt und deshalb auch medikamentös sehr schwer zu behandeln, weshalb die meisten aktuellen Diabetesmedikamente sie kaum verhindern können.

Vergeblich therapiert

"Eine große von uns berücksichtigte Untersuchung zeigte, dass bei der bisherigen Therapie statistisch gesehen 250 Patienten vergeblich einer intensiven Insulin-Therapie ausgesetzt werden müssen, um einen einzigen vor einer Nephropathie zu bewahren", sagt Beat Müller, Senior-Autor der Studie.

Diesbezüglich zeigte sich in der Studie, dass die Chirurgie 15 Mal effektiver ist als die bisher übliche konservative internistische Therapie. Der operative Eingriff kann sogar dazu führen, dass sich die Nieren wieder komplett erholen.

"Laut Statistik verbessert sich ein bestehender Nierenschaden bei jedem zweiten Patienten in Folge einer gewichtsreduzierenden Operation. In der Behandlung von Typ-2-Diabetes gerät durch diese Ergebnisse ein Weltbild ins Wanken, denn früher hat man gedacht, dass man die Folgeschäden vermeiden kann, wenn nur der Blutzucker medikamentös richtig eingestellt wird", fasst Müller zusammen. Auch eine zu "scharfe" medikamentöse Einstellung kann riskant sein, da sie zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung oder Gewichtszunahme führen kann.

Das Forscherteam plädiert nachdrücklich für ein Umdenken im Umgang mit der häufig mit Typ-2-Diabetes in Verbindung stehenden Erkrankung Adipositas. "Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass stark übergewichtige Menschen ihren Zustand selbst verschuldet haben und deshalb auch nur durch eine radikale, entbehrungsreiche Lebensstiländerung gesund werden können", erklärt Müller. Ein erster Schritt wurde erreicht, als Adipositas im Jahr 2000 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit anerkannt wurde.

Risiko bleibt vorhanden

Eine Operation ist Beat Müllers Ansicht nach daher keine "Lifestyle-Chirurgie", die dicke Menschen auf einfache Weise dünner machen soll, sondern gerade für adipöse Typ-2-Diabetiker lebensrettender Ausweg aus einem Dilemma. Typische Verfahren der Adipositaschirurgie sind der Magenbypass, bei dem der Magen durch einen Teil des Dünndarms überbrückt wird, und die Verkleinerung des Magenvolumens zu einem sogenannten Schlauchmagen. Noch sind die genauen Zusammenhänge unklar, die erklären können, warum diese Operationen so extrem wirksam sind.

"Eine Verbesserung der Blutzuckerwerte zeigt sich bereits kurz nach der Operation, also noch bevor die Patienten ein Kilogramm an Gewicht verloren haben. Anscheinend sind andere Mechanismen für die Entstehung der Gefäßschäden bei Diabetes-Typ-2 relevant, die von einer Operation positiv beeinflusst werden. Die Aufklärung der exakten Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel wird Fragestellung weiterer Forschungsarbeiten der Zukunft sein", fasst der Studienleiter zusammen.

Völlig ohne Risiko ist eine Operation jedoch ebenfalls nicht, auch wenn die Heidelberger Mediziner mit Methoden der minimal invasiven Chirurgie arbeiten. Und auch das zukünftige Leben bleibt geprägt von der Erkrankung, denn Betroffene müssen sich speziell ernähren, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. (red, 15.2.2018)