Die Geografin Elisabeth Gruber erforscht, wie Senioren Regionen neues Leben einhauchen können.

Foto: Universität Wien/D. Dutkowski

Wien – Ist von Migration die Rede, denkt man üblicherweise an Flucht, Krieg und Armut. Doch es gibt auch eine andere Art von Migration. Etwa wenn sich relativ gut situierte Menschen nach der Pensionierung entschließen, ihren Wohnort an für sie besonders anziehende Orte zu verlegen. Immer mehr Senioren in Europa nutzen ihre neue Freiheit, um sich etwa den Traum vom Zweitwohnsitz an einer der Sonnenküsten des Mittelmeers zu erfüllen oder im eigenen Land ins langersehnte Häuschen im Grünen zu ziehen.

"Personen im Seniorenalter bevorzugen kleinere Siedlungen in räumlich attraktiven Lagen: in der Nähe zu Gewässern, Wäldern oder Bergen", weiß Elisabeth Gruber vom Geografie-Institut der Uni Wien. In ihrer Dissertation untersucht die 32-Jährige, wie Senioren manchen von Abwanderung betroffenen Regionen wieder neues Leben einhauchen können.

Zahlenmäßig sind es in Österreich mit etwa fünf Prozent zwar nicht besonders viele Personen, die zwischen 55 und 69 Jahren ihren Wohnort noch wechseln – doch für die Region ihrer Wahl können diese Seniorenmigranten sehr positive Impulse bringen. "Einige Gemeinden haben die Vorteile dieser Migrationsbewegung schon erkannt und entsprechende Strategien entwickelt", sagt die Geografin. "Sie bieten beispielsweise in überregionalen Medien alte Bauernhäuser billig zum Kauf an, die mangels Interesse von Einheimischen sonst verfallen würden." Auf diese Weise kommen die Senioren zu einem günstigen Refugium auf dem Land und die Gemeinden zu neuen Bürgern.

In ihren Untersuchungen konzentriert sich Elisabeth Gruber räumlich vor allem auf das Südburgenland und das Waldviertel. "Interessanterweise lässt sich für das Südburgenland ein verstärkter Zuzug aus Westösterreich beobachten", sagt die Wissenschafterin. "Das hat vor allem mit den günstigen Immobilien- und Grundstückspreisen tun. In Tirol und Vorarlberg können sich viele Einheimische die dortigen Preise einfach nicht mehr leisten."

Und wie sieht es mit der Integration dieser Zuwanderer aus? "Gerade bei Städtern ist die Landbevölkerung anfangs oft eher zurückhaltend", hat Elisabeth Gruber in zahlreichen Gesprächen herausgefunden. "Andererseits gibt es für die Zugezogenen aber auch Möglichkeiten, sich in einem der vielen Vereine zu engagieren. Damit öffnen sich die Türen zur Dorfgemeinschaft recht schnell."

Das eigene Leben ist für die geborene Wienerin mit niederösterreichischen Wurzeln bisher relativ stationär verlaufen: Nach dem Studium am Institut für Geografie und Raumforschung an der Uni Wien arbeitet sie dort mittlerweile als Assistentin. "Vielleicht habe ich mich gerade deshalb für das Thema der Alterswanderung entschieden", sagt Gruber.

Für das kommende Jahr ist jedenfalls ein längerer Auslandsaufenthalt geplant, da es zwischen altem und neuem Arbeitsvertrag ohnehin eine mehrmonatige Pause gibt. Überhaupt ist das Reisen ein großes Thema für die auf Raum- und Bevölkerungsentwicklung spezialisierte Geografin.

"Der Südpazifik, aber auch Südamerika stehen ganz oben auf meiner Liste", sagt sie. Und weil man nur der Spur der Seniorenmigranten folgen muss, um wunderbare Orte zu entdecken, ist auch der ländliche Raum in Österreich – von Vorarlberg bis ins Weinviertel – einer ihrer Reise-Dauerbrenner. (grido, 18.2.2018)