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Schiffe der russischen und der chinesischen Marine bei einer Flottenparade in Kronstadt bei St. Petersburg, Juli 2017.

Foto: REUTERS/Anton Vaganov

Mit eindrucksvollen Vergleichen demonstriert das Strategieinstitut IISS die dramatische Aufrüstung Chinas. Seit 2000 hat Peking mehr Kriegsschiffe und U-Boote auf Kiel gelegt als Japan, Südkorea und Indien zusammen; allein in den vergangenen vier Jahren erhielt die chinesische Marine mehr Tonnage an Kriegs- und Versorgungsschiffen, als die gesamte Flotte Frankreichs umfasst. Auch die Luftwaffe wird mit modernsten, westlichen Modellen ebenbürtigen Waffensystemen ausgestattet. Ebenso wie Russland stelle China zunehmend eine Herausforderung für die Dominanz der USA und ihrer Verbündeten dar, sagte IISS-Direktor John Chipman am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahrbuchs "Military Balance" in London. "Die Großmächte bereiten sich systematisch auf die Möglichkeit eines Konflikts vor."

Das Verhältnis des Westens zu China bewertet Chipman als spannende Strategiefrage: Den stärker werdenden Wirtschaftsbeziehungen stehe die zunehmend größere militärische Herausforderung gegenüber. "Mit dieser geopolitischen Realität müssen sich beide Seiten befassen." Natürlich sei ein Konflikt keineswegs unvermeidbar, so die Analyse der Londoner Denkfabrik. Für die USA stelle sich neben der Finanzierung die Frage, ob das Land an seinen weltweiten Allianzen festhalten wolle, die den globalen Anspruch untermauern und kostengünstig machen. Diesen strategischen Vorteil habe das bisher eher allein handelnde China erkannt, erläutert IISS-Vize Kori Schake anhand der jüngsten "One Belt One Road"-Initiative, auch als Neue Seidenstraße bekannt.

Chinas Rüstungsbudget wächst

In der kürzlich erneuerten US-Verteidigungsstrategie wird die Möglichkeit eines Krieges mit anderen Großmächten als "große Herausforderung" gekennzeichnet. Chinas Rüstungsbudget wächst seit Jahren stark und beanspruchte im vergangenen Jahr etwa sechs bis sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dem IISS zufolge liegt die nationalkommunistische Diktatur bei den Verteidigungsausgaben mit 150,5 Milliarden Dollar weltweit auf Platz zwei vor Saudi-Arabien (77 Milliarden) und Russland (61 Milliarden); hingegen geben die USA viermal so viel aus, nämlich 603 Milliarden.

Nach jahrelangen Sparprogrammen war Europa im vergangenen Jahr die Region mit den am schnellsten wachsenden Verteidigungsausgaben. Allerdings geben die europäischen Nato-Mitglieder noch immer vier Prozent weniger für Rüstung aus als 2010. Der Nato-Gipfel in Wales hatte 2014 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Ziel genannt. Diese Vorgabe dürften in diesem Jahr nur rund ein halbes Dutzend Mitgliedsstaaten erreichen, angeführt von Großbritannien. Außenminister Boris Johnson betonte am Mittwoch, die britische Verpflichtung gegenüber dem Kontinent sei "vorbehaltlos".

Briten schicken Kriegsschiff

Wie Frankreich, Europas zweite Vetomacht im UN-Sicherheitsrat, hält auch Großbritannien am globalen Anspruch fest. Verteidigungsminister Gavin Williamson kündigte während eines Besuchs in Australien an, das britische Kriegsschiff HMS Sutherland werde kommenden Monat auf der Heimreise vom fünften Kontinent Präsenz im Südchinesischen Meer demonstrieren. Die Fregatte der Duke-Klasse ist auf die Jagd nach U-Booten spezialisiert. Williamson zufolge müssten Großbritannien, die USA und Australien "unsere Werte demonstrieren".

China versucht seine Nachbarn im Südchinesischen Meer – Vietnam, Malaysia, Brunei, Philippinen – durch weitgehende Ansprüche auf die fisch- und rohstoffreichen Gewässer einzuschüchtern. Den Spruch des Ständigen Schiedshofs in Den Haag, der diese Ansprüche verwarf, erkannten die Nationalkommunisten nicht an: Das Problem sei nur durch bilaterale Vereinbarungen zu lösen. Dieses Vorgehen kennzeichnet das IISS als "Kommandodiplomatie".

Die behauptete territoriale Souveränität untermauert China seit Jahren durch den hektischen Ausbau künstlicher Inseln zu Marinestützpunkten. Die US-Marine unternimmt immer wieder Vorbeifahrten innerhalb der von China beanspruchten Zwölf-Meilen-Zone, um die Illegalität dieses Vorgehens zu demonstrieren. (Sebastian Borger aus London, 14.2.2018)