Die EU-Kommission spricht sich dafür aus, bei den EU-Wahlen im Mai 2019 das vor fünf Jahren erstmals praktizierte Modell von EU-weiten Spitzenkandidaten beizubehalten, die von den jeweiligen europäischen Parteifamilien aufgestellt werden. Der Gewinner der Wahl soll das Erstrecht haben, der nächste Präsident – oder die Präsidentin – der Kommission zu werden, wenn es ihm oder ihr gelingt, im EU-Parlament und im Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs die erforderliche Mehrheit zu bekommen.

Das hat Präsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch bei der Vorstellung eines kleinen "Demokratiepakets" in Brüssel gefordert. Der Christdemokrat war als Vertreter der Europäischen Volkspartei (EVP) 2014 selbst auf diese Weise ins Amt gekommen, nachdem er den Sozialdemokraten Martin Schulz (S&D) besiegt hatte. Das Modell habe sich bewährt, argumentierte Juncker, auch wenn es damals noch Schwächen gegeben habe. So sei er erst im März vor der Wahl im Mai nominiert worden, es habe zu wenig Zeit gegeben, Wahlkampf in allen EU-Staaten zu machen. Daher sollten die Parteien ihre Kandidaten bis Jahresende aufstellen. So bliebe Zeit für eine breitere Debatte über Europa.

Juncker will "doppelte Legitimität"

Es wäre ein Zugewinn an Demokratie, wenn die Bürger wissen, wer als Ergebnis von Wahlen an die Spitze der Kommission tritt. Der künftige Präsident hätte dadurch "doppelte Legitimität", so Juncker. Aufgegeben hat er die Idee, dass es schon 2019 länderübergreifende Wahllisten geben soll, dazu reiche die Zeit nicht aus.

Das EU-Parlament hat sich darauf festgelegt, dass es nur Leute an der Spitze der EU-Zentralbehörde akzeptieren werde, die zuvor als Spitzenkandidaten antreten. Gemäß EU-Vertrag muss die Mehrheit des Parlaments den Präsidenten wählen. Einige Regierungen, allen voran Frankreich, würden das System gerne ändern und wieder wie früher den Kommissionschef selber frei bestimmen. Beim EU-Gipfel nächste Woche in Brüssel soll darüber beraten werden. Beim informellen EU-Außenministertreffen in Sofia ab Freitag könnte es erste Hinweise darauf geben, ob das Spitzenkandidatenmodell überleben wird. (Thomas Mayer aus Sofia, 14.2.2018)