Linz/Wien – Die speziellen Eigenschaften von Samentaschen von Flöhen haben Linzer Mechatroniker zu einem System zum passiven Flüssigkeitstransport inspiriert. Nach ihrem Vorbild haben sie eine Struktur entwickelt, die Flüssigkeiten nur in eine Richtung – auch gegen die Schwerkraft – leitet, berichten sie im "Journal of Bionic Engineering". Zum Einsatz kommen könnte dies beispielsweise in Windeln.

Weibliche Flöhe haben eine Samentasche, in die das Männchen sein Ejakulat mit Druck einspritzt. Dort bleibt es so lange gespeichert, bis das Weibchen geeignete Bedingungen für die Eiablage vorfindet. Erst dann fließt die Samenflüssigkeit durch Kapillarwirkung aus der Samentasche. Wissenschafter um Gerda Buchberger und Werner Baumgartner vom Institut für Medizin- und Biomechatronik der Universität Linz untersuchten die rund 100 Mikrometer großen Behältnisse, die aus einer kugelförmigen Kammer mit einem wurmartigen Fortsatz bestehen.

Künstlicher Nachbau

Um herauszufinden, wie die Struktur funktioniert, haben sie die Wissenschafter etwas vergrößert (knapp zwei Millimeter groß) schematisch aus Kunststoff nachgebaut und mehrere davon hintereinander geschalten. "Es zeigte sich, dass die Flüssigkeit nur in eine Richtung fließt und sogar die Schwerkraft überwindet", so Baumgartner. Mit den verwendeten Materialkombinationen bewegt sich die Flüssigkeit mit einer Geschwindigkeit von einem Millimeter pro Sekunde.

Eine zentrale Rolle bei dem Vorgang spielen Benetzungs- und Kapillarphänomene, wobei es "immer auf den Kontaktwinkel ankommt". Um Kontaktwinkel und Benetzbarkeit entsprechend einzustellen, haben die Wissenschafter seifiges Wasser verwendet.

Entscheidend in der künstlichen Struktur ist die Mündung des Kanals, der in der Natur dem wurmartigen Fortsatz entspricht, in die Kammer. Dabei bildet sich eine scharfe Ecke, "und dort ist jeder Kontaktwinkel zulässig", so Baumgartner. Bei richtiger Wahl der Materialien formt die Oberflächenspannung hier die Oberfläche der Flüssigkeit konvex. Der dabei entstehende negative Laplace-Druck treibt die Flüssigkeit zurück, während im Kanal selbst eine konkave Oberfläche entsteht und der positive Laplace-Druck die Flüssigkeit weiter treibt.

Erste Anwendungsideen

Die Flüssigkeit kann deshalb nur in eine Richtung fließen, bei der im konkreten Fall gewählten Struktur überwindet sie dabei auch einige Zentimeter gegen die Schwerkraft. "Würden wir die Struktur wesentlich kleiner machen, bekämen wir auch eine größere Steighöhe. Dies ginge aber auf Kosten der Fließgeschwindigkeit", so Baumgartner.

Mit einem Hersteller haben die Wissenschafter bereits versucht, das Prinzip in Babywindeln zu integrieren. Auch Anwendungen für Tampons oder Wundauflagen seien vorstellbar. (APA, 16.2.2018)