"Modern Family" (Sofía Vergara, li., Julie Bowen, re.) liegt im Trend: Beziehungsspaß steht auf den Angebotslisten der TV-Produzenten ganz oben.

Foto: ABC

Wien – Jedes Jahr im Februar wird es am amerikanischen Fernsehmarkt ernst: Die großen Networks geben Pilotfilme in Auftrag, Serienmacher stehen bei ihren möglichen Auftraggebern Schlange. Das Ereignis markiert den Startschuss für Hollywoods TV-Produktion: Mit mehreren hundert Serienprojekten und Shows rittern sie bei den Sendern um Zuschläge und damit ums große Geschäft. Um die 500 Serien erblicken mittlerweile allein in den USA jährlich das Licht der Welt.

Bei Gefallen wird aus dem einmaligen Filmprojekt der begehrte Serienauftrag. Bis Jahresende entstehen dann die meist 90-minütigen Bewerbungsfilme, bei Gefallen erfolgt die Order für Premieren zum Jahresende oder zur Midseason im Jahr darauf.

Besonderes Jahr

2018 ist insofern ein besonderes Jahr, als dieser gesamte Produktionszyklus erstmals zur Gänze – vom Pitch bis zum Auftrag – in die Regierungszeit Donald Trumps fällt. Ablesbare Trends gehen in Richtung Eskapismus und Angstlust – gepaart mit risikoarmer Geschäftsplanung: Zumindest in den Auftragslisten der Networks ABC, CBS, Fox, NBC und The CW überwiegen Comedy, Mord, Totschlag sowie mehrere Wiederaufnahmen. Gute Chancen auf Realisierung haben folgende Serien.

  • Beziehungsspaß und -ernst Familiendramen ereignen sich im Grand Hotel in Miami Beach mit Desperate Housewife Eva Longoria. Alleinerziehende Mütter mühen sich ebenfalls nach dem Willen von ABC in Most Likely To und Single Parents ab. Rückkehr aufs Land wartet auf eine hippe New Yorkerin in Three Rivers. Kenya Barris entwickelt für Alec Baldwin eine noch namenlose Comedy über einen alternden TV-Star und seine Familienprobleme. I Mom So Hard lässt über Freud und Leid der Mutterschaft lachen. Die Modern Family-Macher bieten Our People über die "Amerikanisierung" afro-amerikanischer Einwanderer an.
  • Räuber und Gendarm Fast unüberschaubar ist die Zahl jener Personen (männlich und weiblich), die auf Mörderjagd gehen wollen. Der Disney-Sender ABC gibt gleich sechs Cop-Pilotfilme in Auftrag, die allesamt Serie werden wollen. Den Zuschlag bereits erhalten hat etwa Take Two mit Rachel Bilson, die eine Cop-Darstellerin aus einer Fernsehserie spielt und ihre Fähigkeiten am realen Fall ausprobieren muss. The L Word-Macherin Ilene Chalken geht mit einem noch titellosen Serienprojekt über FBI-Agentinnen ins Rennen.
  • Wahre Verbrechen Weiterhin hoch im Kurs sind Mordgeschichten, die auf wahren Begebenheiten basieren. The Rookie erzählt etwa eine True-Crime-Story über einen LAPD-Cop. Murder schildert Verbrechen aus unterschiedlichen Perspektiven.
  • Wiederaufnahmen Die Devise "Aus alt mach neu", zählt für Hollywood seit geraumer Zeit als sichere Bank. Mainstream-Fernsehen macht da keine Ausnahme. Ins Rennen geht etwa ein Reboot von Cagney & Lacey. James Ellroys L.A. Confidential könnte Serie werden, Schnauzbartträger Magnum P.I. gilt als Fixstarter, wer den Titelhelden spielen soll, ist noch unbekannt. Garantiert wiederauferstehen dürften die Hexen aus Charmed.

Den Schub an Gute-Laune- und Fürchte-dich-Programm befeuert auch die Tatsache, dass Politserien von Pay-TV-Kanälen über kurz oder lang vom Bildschirm verschwinden: House of Cards wird nach Vorwürfen gegen Hauptdarsteller Kevin Spacey nach der sechsten Staffel beendet. Homeland ist fix nach der achten Staffel Geschichte, Julia Dreyfus dankt als Veep noch heuer ab. Nachschub ist auf Präsidentschaftsebene zumindest von den Networks nicht geplant. Politisch brisante Details könnte FBI auf CBS verhandeln, das sich bereits über Auftragserteilung freuen kann. Spionage könnte eine CIA-Agentin in NBCs The Enemy Within bekämpfen.

Völlig aus der Zeit scheinen Anwalts- und Arztserien. Bis auf ein, zwei Ausnahmen findet sich keines dieser einst so beliebten Genres auf der Angebotsliste. Gerechtigkeit und Gesundheit scheinen in Serien zumindest vorerst eher keine Rolle zu spielen. (Doris Priesching, 18.2.2018)