Deir ez-Zor / Moskau – Entgegen der offiziellen russischen Darstellung sind bei Kämpfen in Syrien Insidern zufolge rund 300 Angehörige eines russischen Sicherheitsunternehmens getötet oder verwundet worden. Ein russischer Militärarzt, der namentlich nicht genannt werden wollte, sprach von rund 100 Toten. Ein Insider, der mehrere der Kämpfer kennt, sagte, mehr als 80 Männer seien getötet worden.

Das russische Außenministerium erklärte am Donnerstag, möglicherweise seien fünf Russen bei Kämpfen am 7. Februar im Gebiet von Deir ez-Zor mit der von den USA angeführten Koalition getötet worden. Es handle sich nicht um Militärangehörige.

Russland gibt sich zugeknöpft

Medienberichte über hunderte getötete Russen bezeichnete eine Sprecherin des Ministeriums als Desinformation. Das Präsidialamt erklärte am Freitag, es habe keine weiteren Informationen. Das russische Verteidigungsministerium äußerte sich nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters zu russischen Opfern in Syrien.

Die Kämpfer sollen der russischen Wagner-Gruppe angehören, einem privaten Militärunternehmen, dem enge Kontakte zur Regierung in Moskau nachgesagt werden. Reuters gelang es zunächst nicht, das Unternehmen zu kontaktieren.

Jewgeni Schabajew, der Anführer einer paramilitärischen Kosaken-Organisation mit Beziehungen zu russischen Sicherheitsunternehmen sagte, er habe mit Verwundeten gesprochen. Sie hätten ihm gesagt, dass an den Kämpfen um Deir ez-Zor rund 550 Mitarbeiter russischer Sicherheitsfirmen beteiligt gewesen seien.

Russische Regierungsvertreter bestreiten den Einsatz privater Sicherheitsfirmen in Syrien. Insider bestätigen dies jedoch. Die Nutzung solcher Unternehmen in militärischen Auseinandersetzungen hat in den vergangenen Jahren weltweit zugenommen. Auch die USA und andere westliche Staaten greifen in Konfliktfällen auf sie zurück. Anders als bei getöteten Soldaten müssen Regierungen nicht die Verantwortung übernehmen, wenn es Opfer bei den privaten Unternehmen gibt. Die Kämpfer sind meist ehemaligen Soldaten. Die meisten in der Wagner-Gruppe sind Insidern zufolge Russen, einige aber auch Ukrainer und Serben.

Keine Luftunterstützung

Bei den Kämpfen am 7. Februar hatten nach US-Angaben mit der syrischen Regierung verbündete Kämpfer die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) in Deir ez-Zor mit Panzern, Raketen und Kanonen angegriffen.

Der Kosakenführer Schabajew sagte nach seinem Gespräch mit Verwundeten, die Verluste seien so hoch gewesen, weil die Kämpfer keine Luftunterstützung gehabt hätten. Außerdem seien sie nicht wie sonst mit schlecht ausgerüsteten Rebellen, sondern mit einer hochgerüsteten Streitmacht konfrontiert gewesen. Sie seien zunächst mit Bomben eingedeckt und dann mit Apache-Kampfhubschraubern angegriffen worden.

Nach Schabajews Informationen richtete sich der Angriff auf die Siedlung Chusham in einem Gebiet, das laut einer Übereinkunft zwischen russischen und US-Militärs als neutral galt. Damit habe man die Reaktion der von den USA geführten Koalition testen wollen. Die US-Streitkräfte hätten entsprechend den Vereinbarungen das russische Militär darüber informiert, dass sie einen Abwehrschlag vorbereiteten. Unklar sei, ob die Warnung von den russischen Streitkräften an die Sicherheitsfirma weitergegeben worden sei. (APA, Reuters, 16.2.2018)