Aktivisten der globalisierungskritischen NGO Attac protestieren in Paris gegen die Praktiken von McDonald's und Co, die unterschiedliche nationale Regelungen zur Steuerreduktion nutzen. Country-by-Country-Reports sind ein Mittel, um multinationale Konzerne davon abzuhalten.

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Wien – Obwohl das Regierungsprogramm "mehr (Steuer-)Transparenz für multinationale Unternehmen auf Basis der EU-Vorgaben" vorsieht, sprach sich Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) laut dem Nachrichtenmagazin "Profil" jüngst gegen ein öffentliches Country-by-Country-Reporting (CbC-Reporting) aus. Ein solches sei "nicht unbedingt erforderlich, um effektiver für Steuergerechtigkeit kämpfen zu können", so Löger. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer kritisierte diese Position. Transparenz sei notwendig, um die Steuervermeidung durch transnationale Konzerne zu bekämpfen.

Unterschiedliche nationale Steuerregelungen ermöglichen multinational tätigen Konzernen, ihre effektive Steuerbelastung zu reduzieren. Steuerpraktiken einzelner Großkonzerne wie Amazon, Apple, McDonald's oder Starbucks wurden vor allem durch "LuxLeaks", die Panama Papers und zuletzt auch die Paradise Papers öffentlich bekannt und in den letzten Jahren immer wieder medial diskutiert.

Um sicherzustellen, dass nicht nur Arbeitnehmer und KMUs, sondern auch multinationale Konzerne einen ausreichenden Beitrag zum Steueraufkommen leisten, wurde von der OECD bereits im BEPSReport ("Base Erosion and Profit Shifting") eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung ausgearbeitet.

Auf EU-Ebene wurde ein Teil der vorgeschlagenen Regelungen im Rahmen der Anti-BEPS-Richtlinie übernommen. Spielräume, die sich durch die unterschiedlichen nationalen Steuerrechtsordnungen ergeben, sollen dadurch einschränkt werden.

Einschätzung grenzüberschreitender Steuersachverhalte

In Country-by-Country-Reports müssen Konzerne mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro seit kurzem offenlegen, in welchen Ländern sie tätig sind, welche Umsätze und Gewinne sie in diesen Ländern erzielen und wie viel Steuern sie in den jeweiligen Ländern zahlen. Derzeit sind CbC-Reports den Steuerbehörden in all jenen Ländern zugänglich, in denen der Konzern tätig ist. Ihnen sollen die Berichte eine bessere Einschätzung grenzüberschreitender Steuersachverhalte ermöglichen.

Offen ist noch, ob CbC-Reports zukünftig auch veröffentlicht werden müssen. Diese Frage wird auf EU-Ebene nun bereits seit fast zwei Jahren verhandelt. Durch öffentliches CbC-Reporting soll der Druck auf multinationale Großkonzerne erhöht werden, von Steuergestaltungen zur Reduktion ihrer Abgabenlast Abstand zu nehmen.

Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, ob ein CbC-Report alleine der Öffentlichkeit einen ausreichenden Einblick geben kann, um die Steuerehrlichkeit eines Konzerns beurteilen zu können. Es ist zwar ersichtlich, wo Umsätze und Gewinne erwirtschaftet werden und wie hoch die Steuerlast in den jeweiligen Ländern ist.

Wie diese zustande kommt und vor allem, ob Steuern in richtiger Höhe im richtigen Land geleistet wurden, lässt sich aus einem CbC-Report alleine aber nicht ableiten. Durch die Veröffentlichung solcher Berichte kann sich die Bevölkerung daher zwar nicht unbedingt ein Bild davon machen, wie "steuerehrlich" ein Konzern ist, aber zumindest davon, ob eine "ausreichende" Konzernsteuerquote erreicht wird.

Mit der Begründung, es könnte Konkurrenten einen Einblick in die wesentlichen Elemente der Produktions- und Vertriebsstruktur eines Unternehmens ermöglichen, erklärte das französische Verfassungsgericht eine französische Regelung für öffentliches Country-by-Country-Reporting für verfassungswidrig.

Die aktuellen EU-Vorschläge erlauben allerdings, Daten auszuklammern, deren Veröffentlichung der Gesellschaft Schaden zufügen würde. Sollte öffentliches CbC-Reporting umgesetzt werden, dürfte es daher vom EuGH wohl nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gesehen werden.

Mediale Berichterstattung

Aus dem Blickwinkel der Steuergerechtigkeit wäre eine Umsetzung von öffentlichem CbC-Reporting zu begrüßen. Es würde der Bevölkerung einen groben Überblick geben, wie viel Steuern ein Konzern im Vergleich zu seinen Umsätzen und Gewinnen zahlt.

Steuergestaltungen – die auch KMUs nicht zur Verfügung stehen – könnten dadurch weniger attraktiv werden, da Konzerne aufgrund medialer Berichterstattung gezwungen sein könnten, besonders niedrige Steuern in bestimmten Ländern zu erklären.

Obwohl das Europäische Parlament Anfang Juli 2017 bereits einen Vorschlag für öffentliches CbC-Reporting verabschiedet hat, bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form es umgesetzt wird. Zur Verabschiedung der diskutierten Richtlinienänderung ist auch im Rat eine Zustimmung von mindestens 16 Mitgliedsstaaten notwendig, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentieren. Österreichs Stimmverhalten könnte hier den Ausschlag geben. (Andreas Baumann, Viktoria Wöhrer, 19.2.2018)