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Die Rückkehr nach Afghanistan sei alleinstehenden jungen Männern absolut zumutbar, heißt es in Asylentscheidungen. Zuletzt hat sich der Krieg mit den Taliban und der Terrormiliz IS aber drastisch verschärft. In Kabul gab es im Vorjahr laut der Nachrichtenagentur dpa mehr als 20 schwere Anschläge mit mehr als 500 Toten.

Foto: AP / Massoud Hossaini

Wien – Der Wiener Geschäftsmann Karl Mahringer ist in Österreich aktuell der einzige gerichtlich beeidete Sachverständige in der Fachgruppe Länderkunde für das Land Afghanistan. Daher kommt der Expertise des Sachverständigen bei Asylentscheidungen, die Afghanistan betreffen, ein rechtlich gewichtiges Wort zu – auch wenn vom Gericht andere, freie Gutachter mit entsprechender Expertise ebenfalls zurate gezogen werden können.

Im Jänner des Vorjahres hat Mahringer ein von einem Asylrichter am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Auftrag gegebenes Gutachten zur Lage in Afghanistan verfasst. Das BVwG stellt die zweite Instanz in einem Asylverfahren dar. Auf die Mahringer-Expertise nahmen seither viele Asylentscheidungen Bezug.

Demnach sei die Rückkehr nach Afghanistan alleinstehenden jungen Männern absolut zumutbar, so die Schlussfolgerung vieler Asylentscheidungen. Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty beklagten seither, dass das Mahringer-Gutachten teils im Gegensatz zu Einschätzungen und Berichten von Organisationen wie dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR stehe.

Stefan Weber, Sachverständiger für Plagiatsforschung, kritisierte die wissenschaftliche Qualität des Mahringer-Berichts: "Die drei grundlegenden Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens – Nachvollziehbarkeit, Gültigkeit, Verlässlichkeit" – seien "nicht erfüllt". Dass sein Bericht mangelnde Wissenschaftlichkeit aufweise, wies Mahringer im Gespräch mit dem STANDARD zurück.

Erste Konsequenzen

Die Kritik am Mahringer-Gutachten führte zu ersten Konsequenzen: Justizminister Josef Moser (ÖVP) gab in einer aktuellen parlamentarischen Anfragebeantwortung bekannt, dass "aufgrund der gegen den genannten Sachverständigen erhobenen Vorwürfe zwischenzeitig ein entsprechendes Überprüfungsverfahren" eingeleitet wurde. Formal war dafür die für den Sachverständigen zuständige Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zuständig. Die Anfrage war von der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper eingebracht worden.

Konkret geht es um ein Verfahren nach Paragraf 10 des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG), das eine Entziehung der Eigenschaft als Gutachter überprüft. Eine Entziehung kann etwa erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung des Gutachters nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.

Laut der Anfragebeantwortung Mosers, die sich auf eine Mitteilung der Präsidentin des Landesgerichts bezieht, hat Mahringer "alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt". Verwiesen wird auf absolvierte Studien und Lehrgänge, zudem sei Mahringer seit 1976 in internationalen Firmen in Führungspositionen beschäftigt und seit 2009 in Kabul als Seniorberater bei der Export Promotion Agency of Afghanistan (EPAA) tätig.

Neos-Mandatarin Krisper hofft, dass Mahringer die Eigenschaft als Sachverständiger entzogen wird. "Im Fall von Mahringer war sein Tun ein Drama schon für zu viele Betroffene, denn im Asylverfahren sind die rechtsstaatlichen Vorgaben die Garantie dafür, dass Menschen nicht in Lebensgefahr gebracht werden." (David Krutzler, 18.2.2018)