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Wer die Oberhand im Kampf der Giganten behält, ist noch offen.

Foto: Reuters/DENIS BALIBOUSE

Hamburg/Vevey/Wien – Das europäische Händlerbündnis Agecore kehrt dem Lebensmittelgiganten Nestlé den Rücken. Die Gründe für den Boykott sind jedoch nicht Umweltschäden, verunreinigtes Milchpulver oder Nestlés Geschäft mit dem Trinkwasser, die den Schweizer Konzern in der Vergangenheit in das Licht der Öffentlichkeit gerückt haben. Die Supermärkte wollen mit der – wohl vorübergehenden – Abkehr von Nestlé-Produkten bessere Einkaufskonditionen erzwingen.

Mehrere Mitglieder der Allianz, wie Intermarché in Frankreich, die Schweizer Coop, Conad in Italien, Eroski in Spanien und der Belgier Colruyt haben bereits vor einigen Tagen einen Schulterschluss gegen Nestlé angekündigt, nun schloss sich auch der deutsche Einzelhändler Edeka an. Der Konzern will schrittweise mehr als 160 Nestlé-Produkte wie Thomy, Maggi oder Nescafé aus den Regalen nehmen. Schätzungen zufolge erzielt Nestlé zehn Prozent seines Europa-Umsatzes in Geschäften der Agecore-Allianz.

Kein Boykott in Österreich

In heimischen Supermärkten dürften Nestlé-Produkte weitergeführt werden. Weder bei Rewe, noch bei Spar will man sich von dem Schweizer Konzern abwenden. "Nestlé-Produkte sind stark nachgefragt", sagte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann zum STANDARD. Es käme zwar "hin- und wieder vor", dass man sich mit manchen Produzenten aufgrund von unterschiedlichen Preisvorstellungen streite, dass Kundeninteresse an den Produkten sei jedoch zu groß, um sie aus den Regalen zu nehmen. "In Österreich ist das kein Thema", sagte auch Rewe-Österreich-Sprecher Paul Pöttschacher. Ob Rewe in Deutschland am Boykott teilnehmen wird, konnte Pöttschacher nicht beantworten.

Weder der Diskonter Hofer, noch Edeka und Nestlé wollten den Bericht am Montag kommentieren. In Branchenkreisen hieß es, beide Seiten ließen die Muskeln spielen, um im Preiswettbewerb die Oberhand zu behalten.

Nichts Ungewöhnliches

Im Rahmen der regelmäßigen Preisverhandlungen zwischen Händlern und Herstellern sind vorübergehende Auslistungen von Produkten, aber auch die zeitweilige Einstellung der Belieferung durch die Hersteller nicht ungewöhnlich. So suchten Kunden der deutschen Kette Real im Sommer 2015 zeitweise vergeblich nach etlichen Produkten von Dr. Oetker, Nestlé oder Müller Milch. Erst als sich Händler und Hersteller im Streit über die künftigen Lieferkonditionen geeinigt hatten, füllten sich die Regale wieder.

Ein Jahr zuvor hatte der Discounter Lidl Schlagzeilen gemacht, als er Coca-Cola für gut zwei Monate aus den Regalen schmiss. Die Begründung damals: "Streit um ein Vermarktungskonzept". Und auch bei anderen Ketten fehlen immer wieder mal bekannte Marken, wenn sich Hersteller und Händler gerade nicht über Konditionen einigen können. "Das gehört zum normalen Geschäft", heißt es in der Branche. (APA, lauf, 19.2.2018)