Damaskus – Bei neuen Luftangriffen und Artilleriebeschuss auf das syrische Rebellengebiet Ost-Ghouta nahe der Hauptstadt Damaskus sind Aktivisten zufolge mindestens 71 Zivilisten ums Leben gekommen – darunter sehr viele Frauen und Kinder. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Montag zudem etwa 300 Verletzte.

Die zivilen Rettungshelfer der Weißhelme erklärten über Twitter, allein bei einem Luftangriff auf Wohngebiete in dem Ort Hamoryah seien 20 Menschen getötet worden.

Die Region Ost-Ghouta gehört in dem Bürgerkriegsland zu den letzten Gebieten, die noch unter Kontrolle von Rebellen stehen. Dominiert werden die Regierungsgegner dort von islamistischen Milizen. Das Gebiet ist seit Monaten von Regierungstruppen eingeschlossen. Rund 400.000 Menschen sind dort wegen der Blockade fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Helfer berichten von einer dramatischen humanitären Lage. Es fehlt an Nahrung und medizinischer Versorgung.

Vorbereitung auf Bodenoffensive

"Unsere Krankenhäuser sind überfüllt mit Verwundeten, uns gehen Anästhetika und andere wichtige Medikamente aus", sagte ein Arzt, der nur seinen Vornamen Mohammed nennen wollte, der dpa. Von Flugzeugen aus werde auf alles geschossen, was sich in den Wohngebieten bewege, fügte er hinzu. Da auch Krankenwagen und Rettungskräfte unter Feuer gerieten, würden Verletzte in den Straßen und unter den Trümmern sterben.

Aktivisten der Region meldeten Angriffe auf zahlreiche Orte. Der Beobachtungsstelle zufolge wurden vor allem Wohngebiete getroffen. Bilder der Weißhelme zeigten Opfer, die unter Trümmern begraben waren. Auf den Aufnahmen waren Menschen zu sehen, die verzweifelt versuchten, Überlebende aus zerstörten Häusern zu retten. Bereits am Vortag hatte es Angriffe auf Ost-Ghouta gegeben.

Regierungsnahe syrische Medien berichteten, die Angriffe kämen in Vorbereitung einer Bodenoffensive auf Ost-Ghouta. Bereits in den vergangenen Wochen war dort die Gewalt immer wieder eskaliert. Keine der beiden Seiten konnte jedoch entscheidende Geländegewinne erzielen. Alle Versuche, eine Waffenruhe für das schwer umkämpfte Gebiet zu erreichen, waren in der Vergangenheit gescheitert.

Kritischer Punkt erreicht

Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hat die humanitäre Lage in Ost-Ghouta einen kritischen Punkt erreicht. Die Menschen seien in einer Situation gefangen, in der Leben langsam unmöglich werde. Hunderte Verletzte und Kranke bekämen keine lebensrettende medizinische Versorgung. Kalte Wintertemperaturen machten die Lage noch schlimmer, Öl zum Heizen gebe es kaum.

Eigentlich gilt in Ost-Ghouta eine regionale Waffenruhe zwischen Rebellen und Regierungstruppen, doch besteht die von Russland, dem Iran und der Türkei vermittelte sogenannte Deeskalationszone nur noch auf dem Papier. (APA, 19.2.2018)