Gekommen, um zu bleiben? Gentiloni (links) löste 2016 Renzi ab.

Foto: Alessandro Bianchi

Rom/Wien – Matteo Renzi scheint die Botschaft verstanden zu haben: Der ehemalige Shootingstar der italienischen Sozialdemokraten glaubt offenbar selbst nicht mehr an sein Comeback als Ministerpräsident – zu schlecht sind seit Monaten die Umfragewerte des Partito Democratico (PD).

Wie versucht sich Renzi also aus der Affäre zu ziehen? Er bringt plötzlich Paolo Gentiloni ins Spiel – jenen treuen Parteisoldaten, der nach Renzis hastigem Rücktritt im Dezember 2016 interimistisch den Regierungsposten übernommen hatte und anfangs bloß die Aufgabe hatte, Renzis Sessel warmzuhalten, bis dieser nach den nächsten Wahlen triumphal zurückkehren würde.

Trendwende nicht in Sicht

Daraus dürfte nichts werden, denn die Sozialdemokraten schaffen einfach nicht die Trendwende. Seit Monaten – und auch jetzt, knappe zwei Wochen vor der Wahl – liegt ein Bündnis von Silvio Berlusconis konservativer Forza Italia und Matteo Salvinis rechtspopulistischer Lega in allen Umfragen deutlich vorne – zuletzt fast schon bei 40 Prozent der Stimmen. Mit Respektabstand folgen Renzis PD und die Fünf-Sterne-Bewegung des Protestpolitikers Beppe Grillo – beide eindeutig unter 30 Prozent.

Renzi versuchte nun in einem Interview mit dem staatlichen TV-Sender Rai3 den Ball an Staatspräsident Giorgio Mattarella weiterzuspielen: Die Entscheidung, wer mit der Regierungsbildung beauftragt wird, liege beim Staatsoberhaupt – und Gentiloni könne da "seine Karten voll ausspielen".

Soll heißen: Renzi sieht ein, dass er chancenlos ist. Diese Erkenntnis kam nicht zuletzt nach heftiger parteiinterner Kritik, unter anderem hatte der zweimalige Ministerpräsident und vormalige EU-Kommissar Romano Prodi Renzi ins Gewissen geredet.

"Wir werden nicht streiten, denn bei der Linken streiten schon genug andere Personen", fügte ein zerknirschter Renzi hinzu, der 2014 mit 39 Jahren Premier geworden war (das galt bis dahin als sehr jung), dann aber massiv an Strahlkraft verloren hatte und nach einem missglückten Referendum zu einer Verfassungsänderung 2016 seinen Hut nehmen musste.

Nummer eins im Ranking

Tatsächlich hatte man anfangs nichts auf Gentiloni gegeben, doch seine sachliche Art kam mit der Zeit bei den Wählern gut an – und heute führt er haushoch im italienischen Politiker-Ranking: Der "Ersatzmann" liegt laut Corriere della Sera bei 47 Prozent Zustimmung, Grillo-Kandidat Luigi di Maio bei 35, Salvini bei 29, Berlusconi bei 28, Renzi bei bloß 26.

Renzis Manöver, nun plötzlich doch Gentiloni auf die Bühne zu stellen, mag ein durchsichtiges Manöver sein, es dürfte aber für die Sozialdemokraten tatsächlich die einzige Chance sein, die Wahl am 4. März noch zu retten. (Gianluca Wallisch, 20.2.2018)