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Mit seinen 39 Jahren ist Jan Hamáček in der tschechischen Politik fast schon ein Veteran. Zuletzt war er Präsident des Abgeordnetenhauses, nun ist er neuer Chef der Sozialdemokraten.

Foto: Rok Rakun/Pacific Press/LightRocket via Getty Images

Prag/Wien – Jan Hamácek wird gute Nerven brauchen und eine gehörige Portion Optimismus. Der 39-Jährige wurde am Wochenende auf dem Parteitag der tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) im nordostböhmischen Hradec Králové (Königgrätz) zum neuen Parteichef gewählt, hat aber kaum Perspektiven, um die CSSD aus dem Krisenmodus zu führen.

Bei der Wahl im Oktober waren die traditionsreichen Sozialdemokraten – damals noch stärkste Regierungspartei – auf 7,3 Prozent und damit auf Platz sechs abgestürzt. Nun sind sie auf der Suche nach Wegen in die Zukunft. Dazu aber müssten sie zunächst die Frage klären, welche Rolle sie bei der immer noch anstehenden Regierungsbildung spielen wollen.

Einstweilen regiert Premier Andrej Babis, Chef der liberal-populistischen Partei Ano, als Chef eines Minderheitenkabinetts. Bei der Vertrauensabstimmung ist Babis gescheitert, Präsident Milos Zeman aber lässt seine Regierung geschäftsführend im Amt – und hat auf dem Weg zu einem neuen Kabinett, einem mit Parlamentsmehrheit, keine Eile signalisiert.

Das Kuriose an der Situation: Babis kann nun voraussichtlich auf Unterstützung von ganz links und ganz rechts bauen – konkret auf die der Kommunisten (KSCM) und der rechtsextremen Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD). Statt letzterer würde er zwar lieber die Sozialdemokraten ins Boot holen, und auch die CSSD will verhindern, dass Babis sich von der EU- und fremdenfeindlichen SPD abhängig macht.

Gordischer Knoten

Aber: Die Sozialdemokraten möchten Babis selbst nicht in der Regierung sehen, weil gegen ihn wegen des Verdachts auf EU-Subventionsbetrug ermittelt wird. Babis jedoch beharrt auf seinem Amt.

Vor dem Königgrätzer Parteitag der Sozialdemokraten hatten viele auf das Durchschlagen des gordischen Knotens gehofft. Immerhin hatte Hamáceks Gegenkandidat Jirí Zimola weniger Vorbehalte gegen Babis als Premier geäußert. Mit Hamácek als Parteichef aber will die CSSD weiter Distanz zu Babis und seinen strafrechtlichen Problemen halten. Der Premier selbst kann die bevorstehenden Sondierungsgespräche mit den Sozialdemokraten dennoch ganz entspannt führen – und sich notfalls an die Extremisten halten. (Gerald Schubert, 19.2.2018)