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Das berühmte Hamsterrad ist das Schreckgespenst so mancher Arbeitnehmer. Vorbeugen wollen die Oberösterreicher nun mit weniger Arbeitszeit.

Foto: REUTERS/Andres Stapff

Bad Leonfelden / Wien – Die Gewerkschaften wollen die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich schon länger im Gesundheits- und Sozialbereich durchsetzen. Jüngst wurde der Forderung rund um die KV-Verhandlungen der Sozialwirtschaft erneut Nachdruck verliehen. Die Wirtschaft warnt regelmäßig vor den negativen Folgen und winkt mit dem Argument "nicht leistbar" ab.

Mehr Freizeit

Das oberösterreichische Online-Marketing-Unternehmen E-Magnetix startet nun unbeirrt von den Diskussionen ab Herbst mit der 30-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt. Die Vorteile für die 22 Mitarbeiter beschreibt Geschäftsführer Klaus Hochreiter so: "Die 30-Stunden-Woche bringt ihnen pro Tag bis zu zweieinhalb Stunden mehr Freizeit. Ein Mitarbeiter hat einmal gemeint, jetzt muss er sich ein Hobby suchen." Im Monat ergibt das immerhin 50 Stunden mehr Freizeit und ganze fünf Wochen pro Jahr.

Hochreiter ist klar, dass das nicht so einfach in anderen Branchen oder Firmen funktioniert: "Das passt zu unserem Geschäftsmodell – und zu unseren Mitarbeitern, die im Durchschnitt 27 Jahre alt sind." Auf die Idee ist Hochreiter nach eigenen Worten gekommen, als er sich wieder einmal schwertat, Mitarbeiter zu finden. Danach habe er sich ganz genau umgesehen, was es in diesem Bereich schon gibt. "Ein Pensionistenheim in Schweden hat das ausprobiert und dann wieder rückgängig gemacht, denn die haben dann mehr Personal gebraucht, was eine Kostensteigerung bedeutet hat."

Unternehmen, in denen schon jetzt weniger als 40 Stunden pro Woche gearbeitet wird, gibt es bereits – allerdings mit gleichzeitiger aliquoter Kürzung der Gehälter. Ein solches Modell stand bei E-Magnetix laut Hochreiter nicht zur Diskussion: kurz- und langfristig von Nachteil, denn neben weniger Geld für die Lebenshaltung sinken auch Ansprüche auf Sozialleistungen wie Pension und Arbeitslosengeld. Das fördere die Annahme von Zweitjobs und Altersarmut. Geregelt wird die 30-Stunden-Woche im Betrieb via Dienstvertrag, der eine Gleitzeitregelung beinhalte. Und wer garantiert, dass es sich um keinen Marketinggag handelt und die Mitarbeiter dann nicht endlos Überstunden machen müssen? Auch das sei geregelt, sagt Hochreiter, mehr als fünf Überstunden im Monat gebe es nicht.

Work-Life-Balance

Und was hat das Unternehmen davon? "Die Mitarbeiter sollen neben dem Beruf mehr Zeit für sich haben, um ein ausgeglichenes Leben zu führen. Wir sind überzeugt, dass sich das positiv auf Gesundheit, Motivation und Produktivität unserer Kollegen auswirkt. Das Motto: Geht es den Mitarbeitern gut, geht's dem Kunden gut." Hochreiter zitiert eine Studie der Universität Wien, die zeige, dass nur noch 42 Prozent der Österreicher den Beruf als "sehr wichtig" einschätzen würden. Im Gegenzug würden Freunde und Freizeit immer wichtiger. Gerade bei den jungen Generationen – Y, Millennials und Z – finde ein Paradigmenwechsel statt: Nicht "leben, um zu arbeiten", sondern "arbeiten, um zu leben" stehe bei ihnen im Vordergrund.

Die Planungen laufen laut Hochreiter seit mehr als einem Jahr. Gemeinsam mit den Mitarbeitern habe man überlegt, wie die 30-Stunden-Woche umsetzbar wäre. Darüber hinaus habe jeder von ihnen seine Abläufe durchleuchtet, um Optimierungspotenzial zu heben. Ein mehrwöchiger Testlauf im vergangenen Herbst verlief positiv, auch die Sozialpartner haben dem Arbeitszeitmodell zugestimmt. "Wir setzen gerade ein gemeinsames Pilotprojekt auf, das die Sozialpartner begleiten und untersuchen werden." Ein Zurück gebe es aber nicht: "Kann sein, dass wir noch den einen oder anderen Stolperstein finden, aber das ist jetzt kein Test, sondern Echtbetrieb." (rebu, 20.2.2018)