Handschrift, Farbe, Tanz, Spiel, Geschwindigkeit: der Maler Hans Staudacher.


Foto: Hans Staudacher

Villach – In Bezug auf Hans Staudacher hat sich die Kunstkritik die Impulsivität seiner Produktionsweise zum Vorbild genommen. Die Begriffe schwirren nur so herum.

Zusammenfassend wäre dieser Künstler danach der erste aktionistische Vertreter des Lyrischen Informel, der im Kostüm des Abc-geschmückten Lettristen in den Atlantik sprang, um den französischen Tachismus und den US-amerikanischen Abstrakten Expressionismus unter eine, das heißt: seine Kappe zu bringen.

Keine Masche

Ein klarer Fall von Irrsinn eigentlich. Zweifel daran nährt nur das Erscheinungsbild. Da steht ein Mensch, bescheiden und einfach, fern jeder Selbstinszenierung, abhold jeder künstlerischen Masche. Beziehungsweise er steht nicht, er beginnt – bei der Eröffnung seiner aktuellen Werkschau in der Villacher Stadtgalerie Freihausgasse – am Ende mit seiner Frau Uschi zu tanzen. Einen Monat nach seinem 95. Geburtstag.

Ein Leben in Freiheit = Versuch heißt die Ausstellung, die 13 Ölbilder und 18 Papierarbeiten von 1956 bis 1995 umfasst. Zwei kleine Filme (Robert Schabus / Horst Ebner) liefern die Details zu einer Biografie, die über gute Kritiken und schlechte Verkäufe zum Happy End führte. Unspektakulär, denn außer dem Beinahe-Ertrinkungstod als Kleinkind in St. Urban am Ossiacher See war da nur noch die Vorladung der Mutter in die Volksschule. Dort meinte der Lehrer, dass Hans alles bekritzle, sodass klar sei, dass er in eine Anstreicherlehre müsse.

Es kam anders. Kunstmaler. Kärnten wurde zu eng. Wien auch. Also Paris. Dort hochgelobt, war er 1964 vom hiesigen Desinteresse an zeitgenössischer Malerei so frustriert, dass er zwei seiner Bilder vor der Secession verbrannte. "Abstrakte Kunst ist Handschrift, Farbe, Tanz, Spiel, Geschwindigkeit", steckte sich der Autodidakt 1960 den Rahmen ab, in dem er sich mit elementarer Energie und kolossaler Produktivität auf allen Bildträgern austobte.

Mal- und Farblust

Mal- und Farblust, die Liebe zum Leben (das Herz ist eine immer wiederkehrende Form) und der Freiheitsrausch des Schaffens sind Konstanten. Nervöse Zuckungen, ansteckend schön. Fast alles ist hell und übersät mit Zeichen, teils lesbaren, teils einfach Ausdruck, besser: Abdruck der Befindlichkeit. Denn weit über gelegentliche politische Botschaften hinaus hat dieses Werk immens viel mit uns zu tun.

Dass sich Staudacher in seinem Geburtstagsbild von 1993 als in Kärnten geborener "Weltmaler" ausgab, war spielerisch. Und doppeldeutig: Die Welt hat ihn als Maler angenommen. Er aber, viel früher schon, malte nichts als die Welt. (Michael Cerha, 21.2.2018)