Doris Knecht findet das Missverständnis um die Begriffe "gehen" und "laufen" super. Wenn sie in Wien geht, geht sie einfach nur. In Vorarlberg dagegen "läuft" sie schon. Klingt doch gleich sportlicher!

Foto: Irina Gavrich

Aber am liebsten gehe ich. Ich gehe viel, das wird an dieser Stelle noch öfter ein Thema sein. Sportliches Gehen – nicht schlendern oder spazieren. Ist natürlich auch nicht ungesund, frische Luft und alles, bringt aber fitness-technisch nicht viel, solange es die Herzfrequenz nicht in die Höhe treibt. Wobei Schlenderer meinen Puls sehr wohl hochschnalzen lassen, weil es mich wahnsinnig macht, wenn neben mir einer ständig irgendwas am Wegesrand betrachten muss.

Die Runtastic-App (auch bald ein Thema: Fitness-Apps) weist mir eine durchschnittliche Gehgeschwindigkeit von 5,5 bis 6,2 Kilometer pro Stunde aus, alles darunter halte ich für Schlenderei. Am schlimmsten sind die, die nicht gleichzeitig gehen und sprechen können, also jedes Mal stehen bleiben, wenn sie etwas zu sagen haben – furchtbar. Deshalb gehe ich entweder allein oder mit Menschen, die die gleiche Einstellung zum Gehen haben wie ich, oder mit solchen, die zu stolz sind, um zuzugeben, dass sie keine Luft mehr bekommen: Nein, h h h h h, passt h h h h ehhhh. Gut!

Kommen und gehen

Oder mit meinen Schwestern. Meine Schwestern leben in Vorarlberg, wo man eine Sprache spricht, in der man das Gehen "Laufen" nennt und das Laufen "Joggen". Das führte zu Missverständnissen. Meine Schwestern sagten: "Wenn du kommst, gehen wir laufen." Ich sagte: "Aber ich laufe nicht gern." Sie sagten: "Aber du läufst doch eh ständig!" Bis wir irgendwann draufkamen, dass wir das Gleiche meinen: Power-Walken.

Wobei, dasselbe ist es dann auch wieder nicht. Ich mag am Gehen, dass man dafür einfach in bequeme Schuhe schlüpft und losmarschiert. Meine Schwestern tragen beim Gehen hautenges, atmungsaktives, schwarzes Lycra-Gewand und die jeweils neuesten Laufschuhe, im Winter so Thermoröckchen dazu. Sie gehen, insofern ist die Begriffsverwirrung eh keine, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit, in der ich nicht mal laufe – 7,3 km/h –, und sie tun es meist zwei Stunden am Stück. Sie sind dünn wie Striche, ich habe Fotos davon, die ich gemacht habe, während ich weit hinter ihnen herhechelte, obwohl sie aus Rücksicht auf die lahme Wiener Schwester eh viel langsamer gehen als sonst.

Als ich zu Weihnachten draußen war, hatte ich so eine Rückensache und dachte: Gehe ich mit ihnen, wird mir guttun. Wir hechelten zwei Stunden durch die Winterkälte, und als links unten im Rücken etwas zu schmerzen begann, biss ich die Zähne zusammen. Die Physiotherapeutin sagt, das war keine gute Idee, weil sie seither zum Soundtrack meines Gejaules versucht, meinen zu Stein gezerrten Gluteus medius wieder in einen funktionstüchtigen Muskel zu verwandeln, der nicht bei jedem Schritt schmerzt. Wird langsam, bin gleich wieder geh-fit. (Doris Knecht, RONDO, 27.2.2018)

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