Bild nicht mehr verfügbar.

Das Gerangel um Topjobs in der Eurozone ist voll im Gange. Mit Luis de Guindos (links) erhielt Spanien einen kräftigen Anstoß, der Folgen für die Nachfolge Mario Draghis haben könnte.

Foto: Reuters/ YVES HERMAN

Brüssel/Wien – Nach einem Jahr Anlauf und umfassendem Lobbying vor allem in seinem eigenen politischen Lager der europäischen Christdemokraten (EVP) hat Luis de Guindos es geschafft. Der konservative spanische Wirtschafts- und Finanzminister wird im Mai als Vizepräsident in das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) einziehen. Er ersetzt dort den Portugiesen Vitor Constâncio. Darauf haben sich die EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel geeinigt, nachdem die Minister der Eurogruppe de Guindos am Abend davor einhellig nominiert hatten.

Im Herbst 2019 wird das Mandat von EZB-Chef Mario Draghi auslaufen. Die Kür de Guindos' deutet darauf hin, dass im Hintergrund ein Deal gelaufen ist, nach dem der nächste EZB-Präsident im Oktober 2019 aus Deutschland kommen wird: Bundesbankchef Jens Weidmann.

Ausgleich zwischen Norden und Süden

Damit wäre der große Ausgleich zwischen Norden und Süden wiederhergestellt. Zu glauben, dass mit dem Spanier de Guindos ein Weichwährungsbanker ins Amt kommt, wäre aber ohnehin verfehlt. Der promovierte Wirtschaftswissenschafter gilt als konservativer Hardliner, der auch mit harter Hand das spanische Budget sanierte. Nicht zuletzt deshalb sollte er eigentlich schon vor einem Jahr Chef der Eurogruppe werden. Der frühere deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble gab ihm volle Rückendeckung. Der Deal scheiterte aber, weil es Einwände der Sozialdemokraten gab. Eurogruppenchef ist nun ein anderer Portugiese, Mário Centeno, Finanzminister seines Landes.

Da der Wirtschafts- und Währungskommissarsposten mit dem Franzosen Pierre Moscovici besetzt ist, scheint es so, als hätte die Euro-Südachse die gemeinsame Geldpolitik quasi gepachtet. Das Bild wird sich wieder drehen, wenn der Italiener Draghi abtritt. Weidmann ist aber nicht zuletzt wegen seiner vielen Gegenstimmen zu Beschlüssen im EZB-Rat nicht fix. Als möglicher Kontrahent wird u. a. der Franzose François Villeroy de Galhau gehandelt. Gegen ihn spricht, dass die EZB mit Draghi-Vorgänger Jean-Claude Trichet schon einmal den Topposten besetzt hat.

Tauben und Falken

Doch in der Eurozone geht es nicht nur um lockere und straffe Geldpolitik (Taube versus Falke), um Norden und Süden, sondern auch um Parteipolitik. Die wiederum wird vom Ausgang der nächsten EU-Parlamentswahl und folglich der Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten maßgeblich bestimmt. Letztendlich sei mit de Guindos' Bestellung keine Vorentscheidung für die Draghi-Nachfolge verbunden, meint ein Insider.

Eine Vorentscheidung trafen die EU-Finanzminister in Brüssel hingegen in Sachen EU-Budgetrahmen für die Jahre 2020 bis 2027. Sie legten die politischen Prioritäten fest: Das EU-Budget soll ein Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung aller EU-Mitglieder nicht überschreiten, trotz des Austritts des großen Nettozahlers Großbritannien im Frühjahr 2019. Und es soll vor allem mehr Geld für die Bereiche Sicherheit und Migration geben, angefangen vom Aufbau einer gemeinsamen Verteidigung bis hin zur Sicherung der EU-Außengrenzen.

Budgetpfosten eingeschlagen

Weiters soll das EU-Budget prioritär der Schaffung von Wirtschaftswachstum, neuen Technologien und Arbeitsplätzen dienen. Logischerweise auf der Strecke bleiben die Agrar- und Regionalförderung, die mehr als zwei Drittel des gesamten EU-Budgets ausmachen. Österreichs Finanzminister Hartwig Löger zeigte sich zufrieden, dass die Front der Nettozahlerstaaten, die auf einem Sparbudget auf EU-Ebene bestünden, vorläufig noch halte. Finnland und Deutschland zeigen sich offen dafür, in die EU mehr zu investieren als bisher behauptet. (Thomas Mayer, Andreas Schnauder, 21.2.2018)