Es sind viele Keime unterwegs, mich hat ein Nicht-Influenza-Virus erwischt. War aber trotzdem hammerhart.

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Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. So krank wie in den vergangenen zwei Wochen war sie schon lange nicht.

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Einen halben Winter lang habe ich mich in Sicherheit gewiegt. Anfang November hat mir die Betriebsärztin den Vierfachimpfstoff gegen die diesjährige Influenza gespritzt, und während ringsherum die Menschen krank wurden ("Du kannst dir nicht vorstellen, wie arg die echte Grippe ist"), blieb ich am Dampfer.

Bis vor zwei Wochen ungefähr. Ich war auf einem Faschingsfest in Bayern. Und zwei Tage später wurden 70 Prozent der Gäste dort schwer krank, erzählte mir die Gastgeberin, als ich sie fiebernd anrief. Ich hatte einen Infekt erwischt, der mich total lahmlegte. Schreckliche Kopfschmerzen, hohes Fieber, Schüttelfrost, Schnupfen und Husten. Das Besondere: Diese Symptome traten nie gleichzeitig, sondern hintereinander auf. Also plötzliche Hustenanfälle, die nach einer Stunde wieder vorbei waren. Eine Nacht Schüttelfrost, zweimal Schnupfenanfälle, die mich drei Packungen Taschentücher in zwei Stunden wegschneuzen ließen. Eine ausgeprägte Abneigung gegen jede Form von Fleisch oder Fisch. Ohrenschmerzen links.

Komische Logik

Die erste Frage von allen war aber: Ist es die echte Grippe? Meine Antwort "Nein, ich bin grippegeimpft" beeindruckte niemanden. Im Gegenteil, die spontane Reaktion: "Da sieht man es wieder, die Impfung bringt gar nichts." Da konnte ich reden, was ich wollte. Die Menschen denken, es gebe nur einen einzigen Keim, der im Winter in Umlauf ist, und das ist die Influenza. Und wenn auch die Impfung nicht hilft, könne man getrost überhaupt darauf verzichten.

Ich verstehe diese Logik nicht: Es gibt hunderte Krankheitserreger, gegen ein paar sehr schwere kann man sich impfen, gegen andere nicht. Wenn einen ein Virus erwischt, gegen das man sich nicht impfen kann, dann bedeutet das doch nicht, dass man auf die Möglichkeit, sich gegen andere zu wappnen, verzichten muss, oder? Genau das ist aber die allgemeine Meinung. Was läuft da in unserem System eigentlich falsch?

Antibiotika prophylaktisch

Und noch etwas: Ich war mit meiner Krankheit auch bei meiner Hausärztin. Die hatte eine Hilfsärztin engagiert, die mir verkündete, meine Krankheit sei ein Virus, "aber wenn es in drei Tagen nicht besser ist, soll ich ein Antibiotikum nehmen". Sie hat mir prophylaktisch ein Rezept mitgegeben. Auf meine Nachfrage, dass ein Antibiotikum aber doch nicht gegen ein Virus hilft, meinte sie, noch sei kein Eiter in den Ohren, wenn das kommt, muss ich es nehmen.

In dem Moment verstand ich die Welt nicht mehr, vielleicht hab' ich irgendwann einmal schlecht aufgepasst. Oder die Hilfsärztin, die aufgeklebte Gel-Fingernägel hatte und mich unter künstlichen Wimpern gelangweilt anblickte, hat eine andere Logik und von Antibiotikaresistenzen noch nichts gehört. In einem hatte diese Ärztin recht: Es dauert mindestens sieben Tage, eher zehn. Diese Prognose stimmte. (Karin Pollack, 25.2.2018)