Anna Gasser ging als Favoritin in den Bewerb und wurde dieser Rolle vollauf gerecht.

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Fehlerlos zu Gold.

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Erleichterung.

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Anderson, Gasser, Synnott.

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Schmeckt gut.

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Pyeongchang – Nur acht Jahre hat Anna Gasser vom ersten Rutschen auf einem Snowboard bis zum Kunststück, erste Olympiasiegerin im Freestyle-Bewerb Big Air zu werden, gebraucht. Donnerstagvormittag wurde die 26-jährige Kärntnerin auf der im Auslauf der Skisprunganlage von Pyeonchang angelegten Schanze ihrer Favoritenrolle gerecht. Österreichs Sportlerin des Jahres war als Weltcup-Seriensiegerin, Big-Air-Weltmeisterin und vor allem als Triumphatorin bei ihrem Lieblingsbewerb bei den X-Games in Aspen nach Südkorea gereist.

Die Erwartungshaltung hatte sie also schon auch selbst verschuldet. Im Slopestyle, von dessen Kurs sie ursprünglich geschwärmt hatte, war sie durch eine Windböe aus dem Traum von Gold gerissen worden. Der Ärger darüber, dass der Bewerb durchgezogen worden war, manifestierte sich auch in Kritik an Siegerin Jamie Anderson (27), "weil sie wusste, dass sie bei solchen Verhältnissen einen Sicherheitsrun machen kann. Alle waren dagegen."

"Fix ist nichts"

Zehn Tage später, nach einer "der schwersten Zeiten in meinem Leben", fing Gasser die nach zwei Sprüngen führende Konkurrentin aus den USA mit dem dritten gestandenen Versuch und ihrem erstmals in Aspen ausgepackten neuen Paradesprung namens Cab Double Cork 1080 (ein rückwärts abgesprungener doppelter Salto mit ganzer Schraube) ab.

Anderson gratulierte herzlich. Gasser verriet, dass sie eigentlich einen anderen Sprung vorgehabt, aber im letzten Moment nach Bauchgefühl umgestellt hatte. Trainer Christian Scheidl analysierte. "Der Grant vom Slopestyle hat sich gut gelöst. Der Druck war enorm, die Medien haben bei jeder Pressekonferenz gesagt, die Goldene ist eh fix, aber fix ist gar nichts. Zum Abholen ist gar nichts", sagte der Oberösterreicher, der Gasser ob ihrer Ausdauer, ihres Fleißes als Glücksfall für jeden Trainer bezeichnete.

"So ein schöner Moment"

Gasser selbst hat nach dem Sieg den schwersten Weg noch vor sich – bis zu den abendlichen Feierlichkeiten im Österreich-Haus. Davor hatte sie auf der Medals Plaza von Pyeongchang ihr Gold vom Olympier Barry Maister, einem ehemaligen neuseeländischen Hockeyspieler, entgegengenommen. "Es macht mich überglücklich. Ich bin froh, dass alles so geklappt hat", sagte Gasser im x-ten Interview mit dem ORF. "Das ist so ein schöner Moment. Das ist sicher mein größter Erfolg bis jetzt. Ich habe alles abgehakelt in den letzten Jahren, das hat noch gefehlt. Ich möchte danke sagen zu allen, die mich unterstützt haben. Ich weiß noch nicht, was das für die zukünftige Karriere bedeutet. Dass der Sport vielleicht ein bisschen bekannter wird, ist das größte Geschenk."

Die wichtigsten Unterstützer, die Eltern Lisbeth und Peter sowie Schwester Eva und Freund Clemens Millauer, der sich in Pyeongchang weder im Slopestyle noch im Big Air für das Finale qualifizieren konnte, machten die Tour bis zum Ende mit. Gasser wird wohl auch am Dienstag beim Empfang der Mannschaft des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC) auf dem Salzburger Kapitelplatz dabei sein. Auch wenn am selben Abend in Monaco die Laureus World Sports Awards vergeben werden – die Olympiasiegerin ist in der Kategorie "Actionsportler" nominiert. "Aber eine Medaillenfeier ist mir wertvoller." (Sigi Lützow aus Pyeongchang, 22.2.2018)

Reaktionen

Anna Gasser (Olympiasiegerin): "Das ist noch gar nicht realistisch, es ist ein super Gefühl, ich freu mich so, dass es geklappt hat. Alle Mädels sind so gut gefahren und haben so viel vorgelegt, dass ich gewusst habe, ich muss wirklich meine besten Tricks zeigen. Der beste Moment war, als ich den dritten gestanden habe. Da habe ich gewusst, dass es für Gold reicht. Ich bin um drei Uhr in der Früh aufgewacht und habe nicht mehr einschlafen können. Ich war schon sehr nervös. Das Gute war, ich habe vor dem dritten Sprung gewusst, ich habe Silber. Das hat ein bisschen den Druck genommen. Ich habe mir vor dem letzten Sprung Zeit gelassen und habe das echt genießen können. Vor dem ersten und zweiten war ich dafür zu nervös. Ich hab dann nach unten geschaut und habe mir gedacht, ich mach einen Sprung für meine Familie. Die Erleichterung ist riesig, ich habe schon einen Druck gespürt für diesen Bewerb, und ich habe mir auch selber einen Druck gemacht, weil ich habe gewusst, dass ich das letzte Jahr wirklich so hart gearbeitet habe und alles dafür getan habe, dass es da klappt. "

Christian Scheidl (Gasser-Trainer): "Ich habe oben einen halben Herzinfarkt bekommen. Die Anna hat oben zwei Sekunden vor dem letzten Sprung noch umgestellt von Backside 1080 Double Cork auf Cab Double Cork 1080, und es hat funktioniert. Als Trainer steht man oben und versucht gute Laune zu verbreiten, aber innerlich hat man einen Puls von 200 und hofft das Beste. Der Grant vom Slopestyle hat sich sehr gut gelöst. Der Druck war enorm, die Medien haben bei jeder Pressekonferenz gesagt, die Goldene ist eh fix, aber fix ist gar nichts. Zum Abholen ist gar nichts. Das waren schon ein paar harte Tage nach dem Slopestyle, aber sie hat es gut überstanden."

Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): "Im Big Air war sie Favoritin und hat das schlau angelegt. Weil im Slopestyle hat sie im ersten Versuch alles riskiert, dann hast du nur noch einen, und das ist dann schwierig. Hier hat sie das anders angelegt, da hat sie zuerst die Sicherheitssprünge gemacht und dann am Schluss das, was sie wirklich kann. Dann war es Gold, und da freue ich mich sehr für sie. Sie ist auch nervenstark geworden. Sie hat Selbstbewusstsein, sie weiß, was sie kann, und dann bringt sie es auch runter. Der Snowboardbereich ist nicht vergleichbar mit dem Ski-Alpin-Bereich. Es ist eine Trendsportart, die in Asien, Australien und Neuseeland einen hohen Stellenwert hat. Die ganze Slopestyle-Geschichte ist ganz, ganz wichtig, weil die Kinder und Jugendlichen auf Slopestyle abfahren und damit die Jugend und die Kinder zum Schneesport kommen, und das ist sehr, sehr wichtig."

Clemens Millauer (Freund): "Dass sie so stark geblieben ist und den dritten Sprung dann auch noch hingestellt hat, ist einfach unglaublich. Dass sie alle drei Sprünge perfekt gelandet hat, besser geht es eigentlich gar nicht. Das ist auch die beste Revanche für Slopestyle. Sie wäre sicher mit Silber auch schon zufrieden gewesen, aber Gold ist Gold. Sie ist die Beste, und ich glaube, sie weiß das selber auch. Wenn es nicht hingehaut hätte, wären wir auch zufrieden gewesen."

Peter Gasser (Vater): "Ich bin schon ein bisserl runtergekommen mit dem Puls. Schön langsam realisiert man das. Sie hat in der kurzen Zeit so viel erreicht. Sie macht den Sport jetzt sechs Jahre. Das ist unglaublich. Es hätte auch anders enden können das Ganze. Aber wir haben es ihr ermöglicht, und sie hat immer gesagt, wir werden das schon einmal zurückbekommen. Heute ist so ein Tag. Heute werden wir feiern, werden einen guten Wein trinken und werden die Anna hochleben lassen."

Liesbeth Gasser (Mutter): "Ich war sehr nervös. Ich wundere mich immer wieder, wie die Anna das schafft, wie sie da oben mit der Situation so gut umgehen kann. Ich bin heute so stolz und habe eine Riesenfreude. Wir haben Anna ziehen lassen, weil sie das probieren wollte. Sie hat so eine Leidenschaft gezeigt. Ich finde das so schön, wenn Menschen so eine Leidenschaft zeigen."

Eva Gasser (Schwester): "Wir haben sie hier schon eher in Ruhe gelassen, damit sie sich gut fokussieren kann. Aber ich glaube, es ist schon wichtig für sie, dass sie weiß, dass wir da sind."

Snowboard – Big Air – Damen:

1. Anna Gasser (AUT) 185,00 Punkte
2. Jamie Anderson (USA) 177,25
3. Zoi Sadowski Synnott (NZL) 157,50
4. Reira Iwabuchi (JPN) 147,50
5. Sina Candrian (SUI) 140,25
6. Silje Norendal (NOR) 131,50
7. Yuka Fujimori (JPN) 122,75
8. Miyabi Onitsuka (JPN) 119,00
9. Spencer O'Brien (CAN) 113,25
10. Julia Marino (USA) 93,25