"Lange Zeit lebte das Wunderpfärd bein Grab vom Hofmanstal zufrieden!" Klingt ein wenig nach Vong-Sprache – Stichwort "I bims" –, stammt aber aus Josef Mikls Band "Letzte Reise des Wunderpferdes" (1951).

Foto: Wien-Museum

Josef Mikl, "Das Wunderpferd oder auch Zauberpferd", 1948.

Foto: Wien-Museum

Wien – Herumgeeiert hat Josef Mikl keineswegs. Vielmehr war er entschieden in seiner abstrakten Malerei, die die österreichische Nachkriegsmoderne mitbestimmte. Rigoros war er aber vor allem auch in seiner Meinung gegenüber den Mitmenschen. Mikl sei fähig, "enthusiastisch zu bewundern", habe aber auch "die Kraft, erbarmungslos zu verurteilen und radikal Tabula rasa zu machen", so charakterisierte der Kunsthistoriker Wieland Schmied den Künstler 1999 in einer Eröffnungsrede.

Schmied dürfte dabei einer von jenen gewesen sein, die Mikl (1929-2008) schätzte. Bemerkenswert ist das insofern, als Mikl auf jene, die über Kunst schreiben, ansonsten gar nicht gut zu sprechen war. Insbesondere mit Kunstkritikern in Tageszeitungen hatte er etwas, was auf Neudeutsch "beef" heißt: eine ausgewachsene – und in Mikls Fall jahrzehntelange – Reiberei. Beleuchtet werden diese Wickel aktuell im Musa (nun, nach der Eingliederung "Wien Museum Musa"), das sich dem satirischen, zeichnerischen Werk des großen Malers widmet.

Malerei stets von Satire getrennt

Die Ausstellung beruht auf einer Schenkung von Mikls Witwe. Der Künstler selbst war stets bestrebt gewesen, sein malerisches Schaffen von seinen Satiren zu trennen, widmete ihnen aber seit den 1950er-Jahren immer wieder Ausstellungen. Es konnte durchaus vorkommen, dass er Zeitungskritiken über sein Schaffen integrierte – allerdings nicht ohne sie mit Karikaturen der verantwortlichen Journalisten oder bissigen Kommentaren zu versehen. "Ach, du lieber Unverstand", begann er etwa eine Entgegnung an Manfred Vogel, der ihn in der Wochenpresse "den großen Unverstandenen" genannt hatte. In Folge machte sich Mikl über dessen Namen lustig. "Man sagt doch nicht: helft den armen Vogels, sondern: helft den armen Vögeln".

In den Mund gelegt waren die zitierten Worte indessen einer gewissen Hawranek, ihres Zeichens "Journalistenfresserin". Mikl hatte diese Kunstfigur, ein "mehrbeiniges Untier", in den 1950er-Jahren ersonnen, um sie fortan als Sprachrohr seiner leidenschaftlichen Kritik am (Kunst-)Journalismus zu nutzen. Die Hawranek verfügte dabei nicht nur über eine spitze Zunge, nein, sie "zerbiss, versengte" und "zerschnitt Spaltenschreiber wie Rüben".

Erlegte Redakteursherde

Ja, überhaupt versetzte Mikl seine so passionierte wie eloquente Kritik mit einer gehörigen Portion Mordlust, deren Satiretauglichkeit aus heutiger Sicht wohl einigermaßen diskutabel geworden ist: Die Vernichtung von Journalisten (1964/65) hieß etwa eine seiner Publikationen. Rabiat hingeworfene, offensichtlich an real existierende Personen angelehnte Figuren zeigen sich da, verbunden mit handschriftlichen Notizen, bevorzugt in Rot. Die Texte verraten, dass hier eine "Redakteursherde mit Senfkörnern erlegt" wird und dort ein gewisser "Anton Tizian Traxler, Kunstkritiker und fadenscheiniger Verwalter der modernen Linien" durch einen Pfeil erlöst wird "von der Qual, etwas Vernünftiges schreiben zu müssen".

"Kinderbücher" hatte Mikl derlei Publikationen genannt, die er jeweils dem Nachwuchs von Freunden widmete. Tatsächlich waren Kinder wohl nicht die Adressaten. Vielmehr boten die Bücher Mikl die Gelegenheit, sich den naiven Blick der Kinder anzueignen. In durchaus "kindischen", entfesselten Rundumschlägen brachte er dann durchaus erwachsene Pointen an. Dies gilt etwa auch für Kupferohr, dessen Titelfigur sich daran macht, herauszufinden, woher all "das Altpapier des Vaters" eigentlich stammt.

Abseits davon, dass Mikls an Karl Kraus gemahnende Tiraden gegen die schreibende Zunft in ihrer herzhaften Rohheit sehr unterhaltsam sein können, hat die Schau im Musa noch einen anderen Mehrwert: Weil der Künstler vielfach Zeitungsrezensionen inkludierte, bietet sich hier auch ein spannender Blick auf die Entwicklung der Kunstrezeption in den österreichischen Medien. (Roman Gerold, 23.2.2018)