Asha Dornfest, Christine Koh
Minimalismus für Eltern

So macht Erziehung wieder Spaß
Rowohlt 2018
384 Seiten, 13,40 Euro

Foto: Rowohlt Taschenbuch Verlag

Julia Dibbern, Nicola Schmidt
Slow Family

Sieben Zutaten für ein einfaches Leben mit Kindern
Beltz 2017
240 Seiten, 17,50 Euro

Foto: Beltz Verlag

Tom Hodgkinson
Leitfaden für faule Eltern

Rowohlt 2011
316 Seiten, 10,30 Euro

Foto: Rowohlt Taschenbuch Verlag

Der Terminkalender ist brechend voll, die To-do-Liste schier ohne Ende. Die Wohnung platzt aus allen Nähten. Die Freizeitaktivtäten der Kinder gehen ordentlich ins Geld, und man selbst ist mit überhöhten Ansprüchen überfrachtet, die einem den Spaß am Familienleben nehmen. Wie sehr man sich auch bemüht, alles richtig zu machen, wird man doch das Gefühl nicht los, dass es nie gut genug ist.

Eltern würden viel zu viel Anstrengung in ihr Elternsein stecken; es sei höchste Zeit, langsamer zu werden und weniger zu tun: Das finden die Autorinnen des Ratgebers "Minmalismus für Eltern". Auf 384 Seiten zeigen Christine Koh und Asha Dornfest vor, wie sie sich aus der Tretmühle der gestressten Elternschaft befreit haben. Ohne großen Aufwand und ohne sich selbst unter Druck zu setzen, wollen sie ihre Leserinnen und Leser zu einem einfacheren, entspannten Leben mit Kindern anstiften.

"Tun Sie weniger": Drei Bücher stiften zur entspannten Elternschaft an.
Foto: Getty Images/iStockphoto/alexkich

Zu viel Schnickschnack

Minimalismus ist in aller Munde. Was in Kunst und Design die Reduktion auf einfache und übersichtliche Grundstrukturen bezeichnet, bedeutet als Lebensstil den Verzicht auf all das, was man nicht unbedingt zum Leben braucht. Nicht aus einer Not heraus. Sondern als freiwillige Alternative zur konsumorientierten Leistungsgesellschaft. Und was bedeutet Minimalismus für die Kindererziehung? Durch die Wälder streifen statt durchs Einkaufszentrum zum Beispiel. Termine sausen lassen, statt ihnen hinterherzuhetzen. Entrümpeln und loslassen, statt immer mehr anzuhäufen.

"Es ist der Überfluss, mit dem wir ringen", schreiben Koh und Dornfest. "Zu viele Möglichkeiten, zu viele Verpflichtungen, zu viel Zeugs – und zu viele Schuldgefühle angesichts des Versuchs, das alles zu bewältigen." Kapitel für Kapitel beschreiben sie, wie man mit einem Zuviel des Guten umgehen und Überforderung im Familienleben umschiffen kann. Das Buch ist gespickt mit Zwischenüberschriften wie "Schrauben Sie zurück" und "Zögern Sie nicht, um Hilfe zu bitten" – allesamt alltagstaugliche Anleitungen, um Zeitplanung, Schule und Freizeit entspannter und klarer zu gestalten.

Vieles geht – aber nicht alles gleichzeitig

Alternativen zum immer schneller und komplizierter werdenden Familienalltag stellen auch Julia Dibbern und Nicola Schmidt bereit. In ihrem Buch "Slow Family" erklären die beiden, wie und warum sie das Leben mit Kindern nach dem Prinzip "slow" führen. Stress verzerre unsere Wahrnehmung, schreiben sie: "Gestresste Eltern sehen häufiger ein 'schwieriges Kind', wo einfach nur ein Bedürfnis ist, reagieren dann aber ungünstiger und erzeugen mit ihrem ungünstigen Erziehungsstil das, was sie sehen: ein schwieriges Kind." What you see is what you get, so ihr Fazit.

Dass die Autorinnen auf dem Weg zu einem entschleunigten Leben weder das Smartphone verteufeln noch die selbstgesponnene Wolle propagieren, macht das Buch angenehm undogmatisch. Überhaupt raten die beiden, sich von überzogenen Vorstellungen von "perfekt" zu verabschieden. Slow Family, das heißt für Dibbern und Schmidt etwa: nur eine Sache auf einmal tun. Und: Achtsamkeit, Präsenz füreinander, Zeitwohlstand, mehr Natur und mehr von dem "Dorf", das es laut dem afrikanischen Sprichwort braucht, um ein Kind großzuziehen. Wie das im Alltag gelingen kann, wird anhand konkreter Ideen und Rezepte veranschaulicht.

"Senken Sie Ihre Ansprüche"

Beide Bücher versprühen Optimismus und Gelassenheit. Vieles davon ist sehr brauchbar, aber nicht unbedingt neu. Dass Eltern alles richtig machen, wenn sie nur weniger tun, verkündete auch Tom Hodgkinson vor zehn Jahren in seinem "Leitfaden für faule Eltern". "Tun Sie weniger" und "Senken Sie Ihre Ansprüche", heißt es darin. Herrlich leichtfüßig kommt der Autor dabei daher, wenn er schreibt, dass Eltern ihre Kinder besser in Ruhe lassen, sich nicht permanent einmischen und so lange wie möglich im Bett liegen bleiben sollen. Klarer Fall: Von geduldigen, unangestrengten und "faulen" Eltern profitieren beide Seiten. Oder, mit den Worten Hodgkinsons: "Weniger Arbeit für Sie und besser für Ihr Kind, es wird mehr Spaß am Leben haben und selbstständiger und unabhängiger werden." Und tatsächlich: Mit fortdauernder Lektüre stellt sich auch bei der Rezensentin ein gewisser Entspannungsgrad ein. (Christine Tragler, 25.2.2018)