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Bei den Gay-Pride-Veranstaltungen in Belgrad kam es wiederholt zu gewalttätigen Übergriffen von Schwulenfeinden.

Foto: AP / Darko Vojinovic

Wien – Die Serben seien " kein gewalttätiges Volk. Doch es gibt Grenzen von Gewalt und Verfolgung, die unsere Machthaber uns und unseren Familien antun können. Diese Grenze ist nun erreicht": Das schrieb der serbische Politologe Miša Djurković im April 2017 in einer Kolumne in der Tageszeitung "Politika". Zornig hatten Djurković ein neu beschlossenes Gesetz zur Prävention von häuslicher Gewalt und neue Unterrichtsmaterialien für Sexualkunde in Pflichtschulen gemacht. Hier ortete Djurković nämlich eine gezielte "Promotion der Homosexualität" und "Indoktrinierung" der Kinder im jüngsten Alter. Er nannte die Maßnahmen ein "satanisches Bildungspaket" und äußerte die Befürchtung, dass der Schutz von Frauen vor Gewalt "zur weiteren Zerstörung der Familie in Serbien dienen wird".

In wenigen Tagen wird Djurković seine Thesen im oberösterreichischen Aistersheim präsentieren. Er ist einer der Redner am rechtsextremen Kongress der "Verteidiger Europas", wo er sich mit Identitären-Unterstützern, sowie AfD- und FPÖ-Politikern die Bühne teilen wird.

Rechtsextreme Kreise

Djurkovic startete seine Karriere in den 1990er-Jahren als junger ambitionierter politischer Theoretiker, der schnell aus konservativen in rechtsextremen Kreise rutschte und nun "im intellektuellen Dunstkreise rechtsextremer Ideen und Gruppen steht", erklärt der Politikwissenschafter und Balkanexperte Florian Bieber. Djurković jüngstes, 2013 erschienenes Buch trägt den Titel "Finstere Korridore der Macht". Außerdem ist er im politischen Beraterstab der rechtsextremen, christlich-konservativen Bewegung "Dveri" tätig, was Djurković dementiert.

In Serbien ist es in der Vergangenheit wiederholt zu Angriffen auf Homosexuelle gekommen. Im Oktober 2010 kam es während der Gay-Pride-Parade zur Ausschreitungen in der Belgrader Innenstadt. Die rechtsextremen Demonstranten versuchten, den Sicherheitsring der Polizei zu durchbrechen, und riefen "Tod den Homosexuellen". Unter dem Motto "Verteidigung der Familie" gab es schon im Vorfeld Demonstrationen gegen die Parade, organisiert von der rechtsextremen und ultranationalistischen Vereinigung "Dveri".

In den darauffolgenden Jahren wurde die Parade mit dem Hinweis auf ein hohes Sicherheitsrisiko verboten. 2014 wurde ein deutscher Teilnehmer einer Konferenz für Homosexuellen-Rechte in Belgrad zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt.

Therapie für Schwule

Djurković verharmloste diese Gewalt in seinen Kolumnen. Er warnte in zahlreichen Texten vor der "Ideologie der Homosexualität" und der angeblichen Zerstörung des serbischen Volkes durch die gezielte Verbreitung von Homosexualität und Feminismus. Der Politologe wittert eine "geopolitische Verschwörung".

Der steirische Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker, der ebenfalls in Aistersheim sprechen wird, erklärte zuletzt auf der FPÖ-nahen Plattform unzensuriert.at (die wiederum Medienpartner des Kongresses ist), "daß es nicht als 'Diskriminierung' gesehen werden kann, wenn eine freiwillige Therapie für Homosexuelle angeboten wird, die sich von dieser Veranlagung, wie immer sie auch zustande gekommen sein mag, befreien wollen." Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass sich die sexuelle Orientierung eines Menschen durch Therapien verändern lässt. Dvorak-Stocker schränkt jedoch ein, er sei "ganz sicher nicht dazu berufen, über irgendeinen anderen Menschen den Stab zu brechen", wenngleich Homosexualität "deviant" sei.

Die rechtsextreme Identitäre Bewegung hatte den Schutz von Homosexuellen vor "gewalttätigen Muslimen" zum Gegenstand einer Propagandakampagne gemacht. Das Verhältnis von Rechts-außen und Homosexualität ist ambivalent. Meist gelten Schwule als Feinde, wichtige Neonazis wie der an den Folgen einer Aids-Erkrankung verstorbene Michael Kühnen oder der ehemalige Rechtsextreme Bela Althans waren selbst homosexuell. (Olivera Stajić, Fabian Schmid, 23.2.2018)