Damaskus/New York/Berlin – Nach den erfolglosen Beratungen im UN-Sicherheitsrat über eine Waffenstillstands-Resolution für Syrien hat Deutschland schwere Vorwürfe an Russland gerichtet. Russland habe sich "einmal mehr selbst bei schlimmsten Völkerrechtsverletzungen schützend vor das Assad-Regime" in Syrien gestellt, kritisierte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Donnerstagabend in Berlin.

Es sei "kaum zu verstehen, dass die Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen heute nicht zu einer Einigung gefunden haben", erklärte der Sprecher. "Sie hätte den geschundenen Menschen in Syrien und vor allem hunderttausenden eingeschlossenen Zivilisten in Ost-Ghuta wenigstens eine Atempause von unaufhörlichen Luftangriffen und brutaler Gewalt verschafft."

Appell an Russland

Das Auswärtige Amt in Berlin appellierte an Russland, "einer vorübergehenden Einstellung der Kampfhandlungen zuzustimmen". Es bestehe ein Rest Hoffnung, doch noch zu einer Einigung zu kommen.

Die Beratungen des Sicherheitsrats über eine Resolution für die Forderung nach einem 30-tägigen Waffenstillstand waren zuvor in New York wegen der Einwände Russlands ergebnislos zu Ende gegangen. Der UN-Botschafter Schwedens, das den Entwurf gemeinsam mit Kuwait eingebracht hatte, kündigte weitere Beratungen an. Er hoffe auf eine Einigung am Freitag.

Eskalierende Kämpfe

Mit der Initiative reagierten die Diplomaten vor allem auf die eskalierenden Kämpfe in der Rebellenenklave Ost-Ghuta, die seit Tagen unter dem Dauerbeschuss von Regierungstruppen steht.

Das Auswärtige Amt richtete am Abend aber auch einen Appell an die Türkei, die im nordsyrischen Afrin militärisch gegen kurdische Verbände vorgeht. Zwar habe die Türkei "legitime Sicherheitsinteressen", erklärte der Sprecher. Er fügte hinzu: "Das offensichtliche Risiko einer Eskalation besorgt uns sehr." Die türkischen Sicherheitsinteressen müssten sich "im Rahmen des Notwendigen und Verhältnismäßigen bewegen". Nötig sei eine politische Lösung.

Schwerer Zugang zu Hilfslieferungen

Angesichts der sich verschlechternden Versorgungslage in Syrien beklagt die deutsche Bundesregierung den schweren Zugang für Hilfslieferungen. Die mangelnde Versorgung sei "vor allem mit den deutlich gestiegenen Zugangsverweigerungen des syrischen Regimes zu erklären", zitiert die Zeitung "Rheinischen Post" aus einer Antwort der Regierung auf Anfrage der Linken.

Wurden laut Bericht 2016 noch 21,3 Prozent der Menschen in belagerten Gebieten im monatlichen Durchschnitt erreicht, waren es 2017 nur noch 9,1. Insgesamt seien 10,5 Millionen Syrer auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Besonders dramatisch sei die Situation im Rebellengebiet Ost-Ghouta. Zwar sei am 14. Februar ein kleiner Hilfskonvoi durchgekommen. Aber seine Hilfsgüter hätten nur 7.200 der dort eingeschlossenen 400.000 Menschen erreicht.

Genehmigung verweigert

Zuvor habe das syrische Regime fast drei Monate lang jede Genehmigung verweigert. Dabei sei bereits Ende November festgestellt worden, dass zwölf Prozent der unter fünfjährigen Kinder von schwerer akuter Unterernährung und 36 Prozent von chronischer Unterernährung betroffen waren. "Es kommt dort zum Verzehr von Tierfutter", berichtete die deutsche Regierung demnach. Ihren Angaben zufolge sind die internationalen Geberzusagen für Syrien im vergangenen Jahr nur zu 51,6 Prozent eingehalten worden.

Die Linken-Abgeordnete Evrim Sommer nannte das ein "beschämendes Armutszeugnis". Sie verlangte, die NATO-Mitgliedschaft der Türkei wegen der Intervention in Syrien zu suspendieren. Wie die deutsche Regierung laut dem Blatt berichtete, ist auch das nordsyrische Gebiet von der Türkei aus immer schwerer zugänglich. "Der Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen ist erheblich eingeschränkt", hieß es. (APA, 23.2.2018)