Schon einmal vorab: Es stimmt, dass nicht verbrauchte Lebensmittel aus geöffneten Konservendosen umgefüllt werden sollten. Und es gibt zwei Gründe dafür: Zum einen verderben sie in einer geöffneten Dose schneller als in einem geschlossenen Kunststoff- oder Glasgefäß, und zum anderen gehen dann keine bedenklichen Stoffe aus der Dose in die Lebensmittel über. Aber um welche Stoffe handelt es sich dabei und warum ist das überhaupt so?

Plastikbeschichtung in den Dosen

Konservendosen bestehen heute meist aus verzinntem Stahlblech, auch Weißblech genannt, Getränkedosen hingegen aus Aluminium. Zusätzlich kommt häufig noch eine weitere Beschichtung aus Kunststoff dazu.

Die Verzinnung schützt das Blech vor dem Rosten, da Zinn eine hohe Beständigkeit gegen Luftsauerstoff und Feuchtigkeit aufweist. Säurehaltige Lebensmittel (zum Beispiel Obst, Tomaten) oder Speisen, denen Zitronensäure beigefügt wurde (zum Beispiel Pilze, Fisch), können allerdings Zinn aus dem Dosenmaterial herauslösen. Deshalb werden Dosen zumindest in den Industrieländern ganz oder teilweise mit Kunststoff beschichtet. Gleichzeitig wird mit der Kunststoffschicht verhindert, dass Lebensmittel einen metallischen Geschmack annehmen. Auch Aluminiumdosen müssen mit Kunststoff beschichtet werden, da sich Aluminium unter dem Einfluss von Säure ebenso lösen würde. Sind Dosen oder Konserven einmal geknickt oder verbeult, sollten sie weggeworfen werden. Denn ist die Beschichtung einmal beschädigt, gehen möglicherweise unerwünschte Stoffe in die Lebensmittel über, oder sie sind verdorben, weil das Blech gerostet ist.

Das innere der Dosen ist mit Plasitk beschichtet, damit keine Stoffe in die Lebensmittel geraten.
Foto: APA/AFP/JOEL SAGET

Bedenkliche Stoffe: Zinn und Bisphenol A

Nach dem Öffnen einer unbeschichteten Dose reagiert das Zinn durch die Einwirkung von Sauerstoff mit dem Doseninhalt. Wird eine halbvolle unbeschichtete Dose zwei Tage geöffnet im Kühlschrank aufbewahrt, steigt der Zinngehalt des Lebensmittels stark an, besonders stark bei säurehaltigen Lebensmitteln.¹ Das führt nicht nur zu geschmacklichen Einbußen, sondern kann außerdem Gesundheitsprobleme verursachen. Auch wenn das Schwermetall Zinn nicht giftig ist, kann es in höheren Dosen zu Magen-Darm-Beschwerden führen. Unbeschichtete Dosen werden heutzutage allerdings im Handel nur mehr selten verwendet.

Beschichtete Dosen – ganz oder teilbeschichtet – erkennt man an der meist weißlichen Kunststoffschicht an der Innenseite. Wird die Beschichtung beim Öffnen und Entleeren der Dose nicht zerkratzt, kann kein Zinn in den Inhalt gelangen. Häufig werden jedoch Bisphenol A (BPA)-haltige Epoxidharze für die Palstikbeschichtung verwendet, was eine ganz andere Problematik mit sich bringt: Die Lebensmittel können – und das auch in ungeöffneten Konserven – mehr oder weniger mit BPA belastet werden.² Dessen Auswirkung auf Menschen ist noch nicht ganz geklärt, der Stoff gilt aber als bedenklich. Da BPA fettlöslich ist, konnten hier besonders bei Lebensmitteln mit hohem Fettgehalt, wie fette Fischkonserven oder Fertiggerichte, Belastungen mit BPA nachgewiesen werden. Auch in beschichteten Getränkedosen wurde bei Tests teilweise BPA entdeckt. Nach dem Öffnen der Dose tritt BPA verstärkt in den Inhalt über – ganz besonders viel BPA bekommt man ab, wenn man sein Essen direkt in der Dose erhitzt.

Übrigens: Aufgeblähte oder nach außen gewölbte Konserven können ein Hinweis darauf sein, dass die Konservierung nicht geklappt hat und sich Mikroorganismen vermehrt haben. Solche Dosen sollten unbedingt entsorgt werden.

BPA schadet der Gesundheit

BPA hat eine östrogenartige Wirkung und wird zu den endokrinen Disruptoren – auch Umwelthormone genannt – gezählt. Das bedeutet, dass es Auswirkungen auf den Hormonhaushalt von Menschen und Säugetieren hat und zu verminderter Fruchtbarkeit und anderen hormonellen Krankheiten führen kann. Ab welcher Belastung diese Wirkungen eintreten, ist in der Wissenschaft allerdings noch umstritten.³ Auch ein Zusammenhang von BPA mit anderen Erkrankungen wie Krebs oder Übergewicht wird vermutet, und es wird schon lange diskutiert, wie schädlich BPA wirklich ist. Studien dazu sind jedoch teilweise sehr widersprüchlich.

Im Jahr 2015 wurde der Grenzwert für die Aufnahme an Bisphenol A von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit von 50 auf 4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht herabgesetzt. Dieser Wert kann durch den Konsum von Dosennahrung sehr leicht überschritten werden. In einigen Ländern wie in Frankreich ist deshalb die Dosenbeschichtung mit BPA-haltigen Kunststoffen mittlerweile verboten. Es wird daher aktuell intensiv an der Entwicklung neuer BPA-freier Beschichtungslacke für Dosen gearbeitet. Allerdings gab es bei diesen Bemühungen bereits den ein oder anderen Wermutstropfen: Laut Prüfberichten entpuppten sich manche neuen Beschichtungsstoffe ebenfalls als vermutlich gesundheitsgefährdend.⁴ ⁵

Es empfiehlt sich, Essen nicht in der Dose zu erwärmen und generell in andere Behälter umzufüllen.
Foto: REUTERS/Eric Gaillard

Dosen sind auch ökologisch bedenklich

Abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt: Konservendosen und Getränkedosen stellen auch ein Umweltproblem dar, ganz besonders, wenn sie nicht wiederverwertet werden. Für die Produktion einer Dose aus Aluminium wird enorm viel Energie aufgewandt. Selbst wenn die Dose dem – nur teilweise möglichen – Recycling zugeführt wird, ist sie aus ökologischer Sicht bedenklich. Weißblechdosen lassen sich zwar gut wiederverwerten, verlieren beim Recycling aber meist die Zinnbeschichtung. Das BPA aus allen beschichteten Dosen hat aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung auch negative Auswirkungen auf viele Lebewesen im Wasser. Auch wenn die Wissenschafter viele Zusammenhänge noch nicht verstehen, entgeht ihnen die zunehmende Verweiblichung wirbelloser Tiere oder Fische nicht.⁶

Tipps

  • Verwenden Sie Ihrer Gesundheit und auch der Umwelt zuliebe möglichst wenig Konserven- und Getränkedosen.
  • Füllen Sie Lebensmittel aus geöffneten Konservendosen für die weitere Aufbewahrung in Glas- oder Kunststoffgefäße um. 
  • Erhitzen Sie nie Lebensmittel direkt in einer beschichteten Dose.
  • Werfen Sie geknickte, verbeulte, aufgeblähte und nach außen gewölbte Dosen weg. (Isolde Jansen, 8.3.2018)

Isolde Jansen ist Kulturwissenschaftlerin und seit vielen Jahren bei Open Science tätig. Sie ist eine der Bloggerinnen, die als "bESSERwisser" die Beiträge für den Hungry-for-Science-Blog von Open Science verfassen.

Mehr Beiträge finden Sie auf hungryforscience.at

Fußnoten

¹ Brau G., Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart: Zinn in Lebensmitteln aus Konservendosen. Ein Bericht aus unserem Laboralltag, 2010.

² Lorber M, Schecter A,Paepke O, Shropshire W, Christensen K, Birnbaum, L: Exposure assessment of adult intake of bisphenol A (BPA) with emphasis on canned food dietary exposures. (2015) Environment International Volume 77, April 2015, Pages 55-62. 

² Hartl JC, Navas-Acien A,Robert S.Lawrence RS: The consumption of canned food and beverages and urinary Bisphenol A concentrations in NHANES 2003–2008. (2016) Environmental Research Volume 150, October 2016, Pages 375-382. 

³ Borrell B.: Toxicology: The big test for bisphenol A. Nature 2010; 464, 1122-1124 | doi:10.1038/4641122a 

⁴ Zhang, YF, Ren XM, Li YY, et al: Bisphenol A alternatives bisphenol S and bisphenol F interfere with thyroid hormone signaling pathway in vitro and in vivo. Environmental Pollution Available online 13 November 2017. 

⁵ Macczak A, Cyrkler M, Bukowska B und Michalowicz J: Bisphenol A, bisphenol S, bisphenol F and bisphenol AF induce different oxidative stress and damage in human red blood cells (in vitro study). (2017) Toxicology in Vitro Volume 41, June 2017, Pages 143-149. 

⁶ Lusher AL, Pope N., Handy RD: Reproductive effects of endocrine disrupting chemicals, bisphenol-A and 17β-oestradiol, on Cerastoderma edule from south-west England: field study and laboratory exposure. (2017) Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom Volume 97, Issue 2 March 2017 , pp. 347-357. 

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