Wien – Die Schnapsidee vom Multitasking ist irgendwann in den Eighties aufgetaucht, als alle Welt damit begonnen hatte, sich PCs in die Wohnungen zu räumen. Besonders Tüchtige wollten wie Computer mehrere Aufgaben gleichzeitig lösen können. Aus der Angeberei wurde Konvention, aus dieser ein notorischer Anspruch. Die Effektivität von Multitasking gilt zwar längst als widerlegt, der burnout-trächtige Anspruch aber ist geblieben.

Auch "freie" Kunstschaffende wollten oder mussten im Zuge dieses Hypes zu unternehmerischen Multitaskern werden. Jetzt legt der Medien- und Performancekünstler Jan Machacek mit seinem Solostück multitasking diaries, das als Uraufführung noch bis Samstag im Wuk zu sehen ist, seine Abrechnung mit diesem, wie es der Philosoph Byung-Chul Han ausdrückt, "zivilisatorischen Regress" vor.

Machacek, geboren 1975 in Wien, ist bekannt als Virtuose der performativen Liveprojektion aus Low- und Hightech. Unvergesslich etwa bleibt sein Kurzfilm in the mix (2008), der mit einer auf eine Bohrmaschine montierten Kamera gedreht wurde. In multitasking diaries erzählt der Künstler von tatsächlichen oder erfundenen Erlebnissen des Zerlegtwerdens aus Überforderung: Equipment vergessen, sich am falschen Ort wiederfinden, die Technik gibt den Geist auf.

Manipulierte Videos

Der Verführung, dieses Gehetztsein direkt ins Stück zu übertragen, ist der Künstler zum Glück nicht erlegen. Vielmehr zeigt er eine Selbstzerlegung nach der anderen – mithilfe von Kamera, Projektor und einer Rasterung, die sich an der Funktion des Fünfzehnerspiels orientiert: ein Rahmen für vier mal vier Quadrate, in dem 15 nummerierte Kacheln so lange verschoben werden, bis die Reihenfolge stimmt. Machacek macht's umgekehrt und mit Bildern seines Körpers.

So manipuliert er ein Live-Video von seinem auf einem Podest stehenden Körper derart, dass immer wieder neue Muster entstehen. Er formuliert, könnte man mit Peter Weibel sagen, seinen Körper als ein sich fortlaufend wandelndes Anagramm. Auf diese Zerlegungen folgen ein Zermalen der Machacek'schen Gestalt mit einer – via Computer – Linien erzeugenden Leuchtfarbe und ein Tanz von Scheinwerferlichtkegeln auf einer projizierten leeren Bühne. Stets wird das Geschehen von Livemusik unterbuttert.

Ein Fiebertraum

Wunderbar niederschmetternd auch die Geschichte eines Fiebertraums von einer Ausstellung, die Machacek in einer Wiener Galerie aufbauen soll. Leider sind immer noch keine Exponate da, als schon die Vernissagegäste kommen und gar nicht bemerken, dass es noch nichts zu sehen gibt. Es ist eine Hölle. Das Hängen der Fotos soll zur Eröffnungsperformance deklariert werden. Schließlich gibt's aber zu wenig zu zeigen. Eine Gruppe anderer Künstler bemerkt das und besetzt die Galerie. Der aufgelöste Jan Machacek entdeckt mit einem Mal: "Du bist Teil einer Gruppenausstellung." Leiser Horror und ein ausgeklügelter Witz durchziehen diese multitasking diaries. Dafür gab's kräftigen Applaus bei der Premiere. (Helmut Ploebst, 23.2.2018)