Die Freude ist russisch.

Foto: apa/afp/ KUDRYAVTSEV

Pyeongchang – Das Team der Olympischen Athleten aus Russland (OAR) hat bei den Winterspielen in Südkorea in einem dramatischen Eishockey-Finale gegen Deutschland Gold geholt. Der Turnierfavorit besiegte das Überraschungsteam am Samstag in Gangneung 4:3 nach Verlängerung (1:0,0:1,2:2 – 1:0). Das Goldtor für die unter neutraler Flagge spielenden Russen erzielte Kirill Kaprisow in der 70. Minute im Powerplay.

Die Schlussphase war an Dramatik kaum mehr zu überbieten. Deutschland war in der 57. Minute durch Jonas Müller erstmals in Führung gegangen, ehe Nikita Gusew die Russen 55 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit in Unterzahl in die Verlängerung rettete.

Erster Olympiasieg seit 1992

Für die Russen war es der erste Olympiasieg seit 1992, damals nach dem Zerfall der Sowjetunion noch als GUS. Deutschland, das davor sensationell Weltmeister Schweden und noch überraschender Titelverteidiger Kanada ausgeschaltet hatte, holte in Südkorea die erste olympische Medaille seit Bronze 1976 in Innsbruck. Für die wegen des Sotschi-Dopingskandals dezimierten Russen war es in Pyeongchang das erst zweite Gold.

Das deutsche Team kämpfte gegen die russischen KHL-Stars um Pawel Dazjuk und Ilja Kowaltschuk bravourös, doch am Ende reichte es nicht zur Vollendung einer der größten Sensationen in der Olympiageschichte. Wjatscheslaw Wojnow (20. Minute), Nikita Gusew (54./60.) und Kaprisow schossen die Russen zum neunten Olympiasieg.

Sekunden fehlten zur Sensation

Felix Schütz erzielte im zweiten Abschnitt das zwischenzeitliche 1:1 (30.), bis zum Ende blieb das Endspiel tatsächlich ausgeglichen. Dominik Kahun (54.) traf in einem wahren Thriller nur zehn Sekunden nach der neuerlichen Führung des Favoriten erneut zum verdienten Ausgleich, ehe Müller sogar die erstmalige Führung für den Außenseiter erzielte. Russland rettete sich aber in die Verlängerung und kam schlussendlich auch noch zum verdienten Sieg.

Pawel Dazjuk mauserte sich mit dem Erfolg zum 28. Mitglied im sogenannten "Triple Gold Club" – jenem exklusiven Kreis von Eishockey-Profis, die in ihrer Karriere mindestens je einmal Olympiasieger, Weltmeister und Stanley-Cup-Sieger geworden sind. Der Stürmer erfüll nun auch das letzte Kriterium. Den Stanley Cup gewann er 2002 und 2008 mit den Detroit Red Wings, den WM-Titel mit Russland 2012.

Hymnen-Gate

Bei der Siegerehrung stimmten die russischen Spieler dann verbotenerweise ihre Nationalhymne an. Die Russen sangen während des Abspielens der Olympischen Hymne ihre eigene, das ist ihnen aufgrund der Sanktionen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wegen des Dopingskandals von Sotschi 2014 als neutralen Athleten eigentlich nicht erlaubt.

Die drittplatzierten Kanadier glänzent bei der Zeremonie durch Abwesenheit. (APA, red, 25.2. 2018)

Final-Ergebnis:

OA Russland – Deutschland 4:3 n.V. (1:0,0:1,2:2 – 1:0).

Tore: Woinow (20.), Gusew (54., 60./SH), Kaprizow (70./PP) bzw. Schutz (30.), Kahun (54.), Müller (57.)

3. Kanada, 4. Tschechien

Reaktionen

Oleg Snarok (OAR/Teamchef): "Das war das wichtigste Spiel meines Lebens. Ich war sehr nervös, wollte das aber nicht zeigen. Präsident Putin hat mich nach dem Finale angerufen und mir gratuliert. Wir dienen dem Wohle Russlands."

Kirill Kaprizow (OAR/Schütze des entscheidenden Tores): "Dieses Team wird unserem Land immer in Erinnerung bleiben."

Ilja Kowaltschuk (OAR): "Das war das verrückteste Spiel überhaupt. Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass wir noch Gold holen."

Marco Sturm (GER/Teamchef): "Es ist hart. Wir waren nah dran. Aber trotzdem dürfen die Jungs nicht vergessen, sie bringen Silber heim nach Deutschland. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Heute war es einfach bitter. Aber der Stolz überwiegt."

Danny aus den Birken (GER/Goalie): "Hat ihnen schon mal jemand ins Herz gestochen? So fühlt sich das an."