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Im Dezember 2017 kam der ehemalige Berater von US-Präsident Donald Trump, Paul Manafort, zum Gericht in Washington.

Foto: AP/Susan Walsh

Frage: Wer ist Paul Manafort? Was macht ihn in der US-Causa der russischen Wahlbeeinflussung so wichtig?

Antwort: Manafort hat ein Berufsleben lang Politiker beraten. Als 27-Jähriger heuerte er bei US -Präsident Gerald Ford an, der im innerparteilichen Nominierungsduell von Ronald Reagan herausgefordert wurde. Der Thriller des Sommers 1976 um die Gunst der Parteidelegierten begründete Manaforts Karriere. Später wandte er sich ausländischen Klienten zu – am liebsten solchen mit zweifelhaftem Ruf. Wessen Reputation unter die Räder gekommen ist, so sein Kalkül, muss umso mehr Geld auf den Tisch legen.

Frage: Für wen hat Manafort in der Vergangenheit gearbeitet?

Antwort: In den 1980er-Jahren nahm er etwa Aufträge von Ferdinand Marcos, Jonas Savimbi und Mobutu Sese Seko an. Marcos, der Diktator der Philippinen, wollte ein demokratischeres Image. Savimbi, Chef der angolanischen Rebellengruppe Unita, wollte finanzielle Unterstützung von Reagan. Mobutu, der Präsident Zaires, fürchtete die Kürzung oder Streichung von US-Zuwendungen.

Frage: Und wann wurde Manafort in der Ukraine aktiv?

Antwort: Es begann mit Kontakten zu zwei Oligarchen: dem Russen Oleg Deripaska und dem Ukrainer Rinat Achmetow. Dieser bat Manafort, sich um den prorussischen Wiktor Janukowitsch zu kümmern, der in Kiew nach der Macht strebte und 2010 Präsident wurde, ehe er 2014 nach Russland floh. Manafort, so schrieb der damalige US-Botschafter John Herbst, sollte die Janukowitsch-Partei "von einem Zufluchtsort für Ganoven in eine legitime politische Kraft" verwandeln.

Frage: Wohin floss Manaforts Geld?

Antwort: Die Honorare aus der Ukraine parkte Manafort auf Offshore-Konten – auf Zypern, in der Karibik und auf den Seychellen. Von dort floss das Geld in die USA, wo er Immobilien, teure Anzüge, wertvolle Teppiche und Geländewagen kaufte. In der Übersicht über seine ausländischen Bankverbindungen verschwieg er die Konten – was an sich schon strafbar ist. Zudem verabsäumte er es, die dort gebunkerten Einnahmen zu versteuern. Robert Mueller, Sonderermittler in der Affäre um mögliche Wahlbeeinflussung 2016 durch Russland, wirft Manafort und dessen rechter Hand Rick Gates vor, umgerechnet über 61 Millionen Euro über Offshore -Oasen geschleust zu haben.

Frage: Wie kam der Lobbyist Manafort zu Donald Trump?

Antwort: Als sich 2016 abzeichnete, dass Trump die republikanischen Vorwahlen gewinnen könnte, hofften dessen innerparteiliche Gegner noch auf eine Revolte beim Nominierungsparteitag. Manafort sollte dieses Szenario durchkreuzen. Im Mai 2016 machte Trump ihn auf Anraten seines Schwiegersohns Jared Kushner zu seinem Wahlkampfmanager. Zuvor hatte sich Kushner mit Manager Corey Lewandowski überworfen.

Frage: Und warum wurde Manafort bald schon wieder gefeuert?

Antwort: Kurz nach dem Parteikongress im Juli 2016 berichtete die New York Times über große Summen, die von Janukowitsch an Manafort flossen. Trump ließ ihn fallen wie eine heiße Kartoffel – zumal die Chemie zwischen beiden nie gestimmt haben soll. Erst mit Steve Bannon als neuem Strategen entwickelte Trump letztlich seine "America First"-Kampagne.

Frage: Welche Strafe droht Manafort?

Antwort: Wird er für schuldig befunden, muss er wohl mit mehr als 20 Jahren Haft rechnen. Zum Verdacht der Geldwäsche kommt der Vorwurf, im Auftrag einer ausländischen Macht gehandelt zu haben – ohne dies im eigenen Land kenntlich gemacht zu haben.

Frage: Wie reagiert Alfred Gusenbauer auf Mutmaßungen von US-Medien, er sei jener "europäische Kanzler", der für Manafort im Zeitraum 2012/2013 lobbyiert habe?

Antwort: Sowohl der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Gusenbauer als auch der ebenfalls genannte italienische Ex-Premier Romano Prodi – er war auch EU-Kommissionspräsident – dementieren, jemals im Auftrag Manaforts "verdeckt" für Janukowitsch lobbyiert zu haben. Sie räumen allerdings beide ein, sich für die Annäherung der Ukraine an die EU starkgemacht zu haben.

Frage: Aber hat Gusenbauer nun Lobbyarbeit für Manafort geleistet?

Antwort: Das ließ Gusenbauer bisher offen bzw. hat er nicht eindeutig beantwortet: Er sei im Zuge seines Engagements für bessere Beziehungen zwischen Kiew und Brüssel auch in den USA gewesen und habe auch dort diese Position vertreten. Entsprechende Treffen mit US-Kongressabgeordneten sind dokumentiert. Gusenbauer bestätigt, dass seine Tätigkeit "remuneriert" gewesen sei – woher das Geld kam, sagt er aber nicht. Manafort habe er ein paarmal getroffen, unter anderem auch in Washington. Mit dessen umstrittenen Aktivitäten für Janukowitsch habe er, Gusenbauer, selbst aber nie etwas zu tun gehabt. Auch habe er nie etwas von einer "Hapsburg group" gewusst. Diese (in einer im Englischen üblichen abweichenden Schreibung des Herrschernamens) wird allerdings in Muellers Anklageschrift konkret erwähnt – im Gegensatz zu den involvierten Personen.

Frage: Aber Prodi sagt, Gusenbauer sei der Chef der Gruppe gewesen?

Antwort: Ja, Prodi bestätigt seine Teilnahme an "einer Gruppe von Ex-Politikern", die sich für die EU-Annäherung der Ukraine eingesetzt hätten – deren Bezeichnung als "Hapsburg group" sei ihm aber auch nicht geläufig. "Gusenbauer war Leiter der Gruppe. Wir taten alles, um Frieden in der Ukraine zu haben", sagt er zur New York Times. Von Gusenbauer habe er zwar eine "Entschädigung" erhalten – sein Engagement sei allerdings kein bezahltes Lobbying gewesen, sondern habe seiner "politischen Rolle" als Ex-EU-Kommissionspräsident entsprochen.

Frage: FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus bezeichnet nun die Vorwürfe gegen Gusenbauer als "schwerwiegend". Bestätige sich der Verdacht, wäre ein parlamentarischer U-Ausschuss fällig – macht das Sinn?

Antwort: Wohl kaum. Denn das Kontrollinstrument U-Ausschuss hat die Aufgabe, bei Verdacht auf Missstände die Vollziehung des Bundes zu durchleuchten – also betrifft dies in der Regel die Tätigkeit der Regierung oder ihrer Mitglieder. Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus, früher Klubdirektor der ÖVP, bestätigt auf STANDARD-Anfrage: Nach aktuellem Stand der Vorwürfe gegen Gusenbauer sei es "nicht einfach, einen Konnex zur Vollziehung des Bundes herzustellen". Beim Koalitionspartner ÖVP wollte man sich am Sonntag dazu erst gar nicht äußern.

Frage: Die FPÖ stellt dennoch in Aussicht, mit den anderen Fraktionen Kontakt wegen eines U-Ausschusses aufzunehmen. Können die Freiheitlichen allenfalls nicht ohnehin allein einen U-Ausschuss einsetzen?

Antwort: Durchaus. Denn seit der U-Ausschuss-Reform reicht dafür ein Viertel der Abgeordneten: 46 von insgesamt 183 Mandataren. Die FPÖ stellt seit der Nationalratswahl laut Homepage des Hohen Hauses 51 Abgeordnete im Parlament – und kann damit eine parlamentarische Untersuchung im Alleingang veranlassen, was allerdings eher ungewöhnlich für eine Regierungspartei wäre.

Frage: Gudenus argumentiert mit der Verbindung zwischen Gusenbauer und Ex-Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, dessen Berater im Nationalratswahlkampf 2017 er gewesen sein soll. Wie reagiert die SPÖ?

Antwort: Offiziell sehr zurückhaltend. Verwiesen wird auf Gusenbauers Dementi, es stehe also Aussage gegen Aussage. Inoffiziell ist man natürlich nicht glücklich dar über, dass Gusenbauer – der dem aktuellen Parteichef Kern schon den umstrittenen Berater Tal Silberstein empfohlen hatte – wieder für Negativschlagzeilen sorgt und auch niemanden in der Partei über sein Ukraine-Lobbying informiert hat. "Uns wäre es auch lieber, wenn er für die Caritas arbeiten würde", sagt ein Roter. In der Partei wurde Gusenbauer ohnehin schon demontiert: Er ist seit November nicht mehr Präsident des Renner-Instituts. Für einen Parteiausschluss sieht man derzeit aber keinen Grund. (Frank Herrmann aus Washington, Günther Oswald, Gianluca Wallisch, Nina Weißensteiner, 25.2.2018)