Alexander Hacke und Gattin Danielle de Picciotto verkünden am Dienstag im Wiener Rhiz Unheil. Nur akustisch, versteht sich.

Sylvia Steinhaeuser

Die Vergangenheit wiegt schwer. Nicht jeder braucht da eine Historikerkommission, um das zu checken. Alexander Hacke zum Beispiel. Der weiß das, der kommt seiner nicht aus. Seine Vergangenheit besteht aus schweren Zeichen, akustischem Grenzgängertum, jugendlichem Irrsinn und Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst.

Alexander Hacke war und ist Mitglied bei den Einstürzenden Neubauten. Einst Bilderstürmer und Brutalinskis aus der Mauerstadt, heute Stars in der Elbphilharmonie – wobei da natürlich der Bandname und die Baugeschichte des Hauses augenzwinkernd vermählt wurden.

Halbe-Halbe-Duo

Neben den Neubauten geht Hacke immer auch anderen Neigungen nach. Etwa mit seiner Gattin Danielle de Picciotto. Die ist amerikanische Künstlerin, Globetrotterin und war 1989 Miterfinderin der Love Parade in Berlin. Die beiden musizieren unter dem Halbe-Halbe Signum HackeDePicciotto. Am heutigen Dienstag gastiert das Duo im Wiener Rhiz.

Vorgestellt wird das aktuelle Album der beiden. Es heißt "Menetekel" – schon wieder schwere Zeichen.

Unheil verkündend

Ein Menetekel ist eine unheilverkündende Warnung. Spätestens seit Hieronymus Bosch weiß man, dass sich damit gut Kunst machen lässt, denn das Unheil ist als Lebensthema mindestens gleich hoch angeschrieben wie Amore – und nicht selten bedingt das eine das andere.

Nun sind der 53-jährige Hacke und seine 54-jährige Frau in einem Alter, in dem sie wissen, wie man Kinder erschreckt. Hacke hat das mit Neubauten gelernt und hat nebenbei mit der australischen Band Crime and the City Solution das Alte Testament als Donnerwetter vertont. Bei der Wiederkehr der Band 2014 hat de Picciotto die Bühnenshow gestaltet.

Mitunter ein bisserl wurzelseppig

Im ehelichen Projekt bringt sich die Multimediakünstlerin ebenfalls von dieser Seite ein. Dazu trägt sie Texte vor, schraubt an der Elektronik – während Hacke sich den Donnergott gibt. Sein Grollen durchzieht viele Stücke auf "Menetekel". Lässt er aus, wird es schwierig.

Ein Stück wie "Crossroads" kippt ins Grotesk-Esoterische. Da gibt es kein Halten mehr: Das finale "The House of Shadows with the Sound of Light" ist eine wurzelseppige Länglichkeit an der 20-Minutenmarke, die ohne milde stimmenden Substanzen nur schwer tolerierbar ist. Doch die beiden können auch anders, besser. Hacke konvertierte bei den Neubauten ja von der Gitarre zum Bass, einige Stücke hier unterfütterte er mit ordentlich Wumme.

Chaos Theory Music

Da erfüllt sich das Menetekel, da kommt es zu erhebenden Momenten. Ein Songtitel wie "Jericho" schreit nachgerade nach Grimmigkeit und steht in Verwandtschaft mit der traditionell instrumentierten Kunst erwähnter Crime and the City Solution. Auch das Stück "Nosce Te Ipsum" beweist, dass das Monster in Hacke nur schlummert, nicht entschlafen ist.

Diese Stücke besitzen eine cineastische Qualität und sind so etwas wie die Hits des Albums. Live wird sich Hackes Temperament auf die Sprengkraft dieser Musik wohl zusätzlich auswirken. Denn die Vergangenheit wiegt nicht nur schwer, man entkommt ihr auch nicht. (Karl Fluch, 26.2.2018)