Wien – Der Skandal um das mutmaßliche Bitcoin-Pyramidenspiel Optioment zieht immer weitere Kreise. Zudem läuft das System dahinter allem Anschein nach auf einer anderen Website weiter, wie eine STANDARD-Recherche ergab. Auffallend ist das ähnlich lautende Angebot auf der Seite bitleys.com, demzufolge auf zwei Jahre angelegte Bitcoins eine wöchentliche Rendite von zwei Prozent abwerfen sollen. Ein Optioment-Geschädigter aus Deutschland erzählt: "Der Login auf Bitleys mit Optioment-Daten war möglich, ohne dass ich mich registrieren musste." Das würde belegen, dass sich hinter Bitley dieselbe Datenbank und damit wohl auch dieselben Betreiber verbergen.

Das Angebot auf bitleys.com ähnelt frappierend jenem des Optioment-Systems.
Foto: Screenshot bitleys.com

Diese waren offensichtlich sehr bemüht, ihre Identität zu verschleiern, weder befindet sich ein Impressum auf der Website noch andere Informationen über die Organisation beziehungsweise die Personen dahinter. Allerdings erinnern Aufbau und manche Wortlaute frappierend an Optioment. Die heimische Finanzmarktaufsicht FMA vermutet dieselben Leute wie bei Optioment oder Teile davon auch hinter Bitleys und stuft das System daher als Betrug ein.

Login mit Optioment-Daten

Inzwischen sollen laut dem Informanten aus Deutschland bei der neuen Seite die Auszahlungen eingestellt worden sein, Einzahlen soll aber weiterhin möglich sein. Aktiv ist Bitleys seit Mitte Oktober des Vorjahres, also mehr als einen Monat bevor Optioment die Zahlungen eingestellt hat. Registriert wurde die Seite allerdings wesentlich früher, nämlich schon im September 2016. Laut Informationen des STANDARD läuft die Seite über einen Server in Montreal, der dem französischen Internetdienstleisters OVH Hosting gehört. Registriert wurde Bitleys über eine zwischengeschaltete Firma, wo sich die Spur der Betreiber zunächst verliert.

Bei Optioment sollen Bitcoin-Anleger um Euro-Millionen-Beträge umgefallen sein.
Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

"Nach unseren Informationen sollen auch die drei Musketiere dahinterstecken", erklärt Anwalt Ronald Frankl von der Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner, der Optioment-Opfer vertritt. Zu den drei Musketieren haben sich ein Brüderpaar aus der Steiermark und ein Mann aus Niederösterreich selbst ernannt. Sie organisierten den Vertrieb für Optioment. Dabei wurden weder Kosten noch Mühen gescheut – beispielsweise lockten die drei im November 2017 an die 700 Menschen zu einer aufwendig inszenierten Verkaufsveranstaltung in die Pyramide Vösendorf. Ihren Angaben zufolge stecken der Däne Lucas M. und der Lette Alex P. hinter Optioment, gegen die sie Anzeige erstattet haben. Allerdings ist deren Verbleib unbekannt, ebenso ob beide überhaupt existieren.

Größter Bitcoin-Skandal

Bei der Causa Optioment handelt es sich um den bisher größten heimischen Anlegerskandal rund um die Kryptowährung Bitcoin. Die Landespolizeidirektion Wien beziffert den möglichen Schaden mit circa 100 Millionen Euro. Rund 10.000 Personen sollen zum Handkuss gekommen sein. Wie berichtet ermittelt die LPD Wien wegen schweren Betrugs. "Es melden sich nach wie vor Geschädigte, wodurch sich immer wieder neue Ansätze auftun", sagt ein Sprecher der LPD. Details werden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgegeben, man stelle sich jedoch auf monatelange Ermittlungen ein.

Einem Experten zufolge, der namentlich nicht genannt werden will, war das Optioment-System gezielt auf Österreich ausgerichtet, außerhalb habe das Auffliegen des Systems keine großen Wellen geschlagen. Im Anlagebetrug soll es meist ein Netzwerk geben, das im Hintergrund arbeitet. Hinter allen Betrügereien weltweit sollen Schätzungen zufolge "nur" 500 bis 1.000 Leute stecken.

Surreale Renditen

Anleger wurden mit surrealen Renditen von bis zu vier Prozent pro Woche in das System gelockt. Ein "Trading-Roboter" würde mit den investierten Bitcoins handeln und diese realitätsfremden Gewinne erwirtschaften – so lautete das Versprechen. Ende November kollabierte das System und Optioment stellte, unter Angabe fadenscheiniger Ausreden, die Auszahlungen ein, die Website ist inzwischen nicht mehr erreichbar.

Auf die Frage nach dem Verbleib des Geldes gibt es nach wie vor keine Antwort, doch wie berichtet enden die Spuren vorerst in der Karibik. Gourl.io, ein Zahlungsdienstleister für Kryptowährungen, nahm laut Bitcoin Austria viele der Einzahlungen entgegen. Was das Unternehmen mit Sitz auf der Antilleninsel Dominica mit dem Geld machte, ist unbekannt. (Alexander Hahn, Andreas Danzer, Bettina Pfluger, 26.2.2018)