Eine der wenigen Schneepausen bei Pjotr I. Tschaikowskis "Eugen Onegin" an der Wiener Staatsoper.


Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Der Programmplanung der Wiener Staatsoper wohnt eine hohe meteorologische Prophetie inne: Passend zur großen Gefriertruhenkälte steht dieser Tage Falk Richters Inszenierung von Eugen Onegin auf dem Spielplan. In diesem unnotwendigen Übel szenischer Art schneit es ja zweieinhalb Stunden wie aus Schneekanonen – und zwar so, dass das Auge dabei wortwörtlich sehkrank wird und vor lauter Dauerflirren nicht mehr hinschauen kann.

Als Antidot zum ewigen Eis auf der Bühne wirkte am Sonntagabend im Orchestergraben Louis Langrée. Der Monsieur 100.000 Volt der Dirigentenzunft fachte vom ersten Takt die Glutnester an, gab dem verdutzten Staatsopernorchester die Sporen und sprengte im Galopp durch Tschaikowskis lyrische Szenen. En marche! Langrées Feurigkeit und sein Faible für eine straffe Gangart belebten den Fortschritt der klingenden Dinge, doch übertrieb es der Franzose auch mit seinem napoleonischen Vorwärtsdrang. Der russischen Seele und ihrem Hang zu satter, üppiger Klage gab der 57-Jährige nicht immer genug Raum.

Die Sängerequipe, die dem rasanten Führer zu folgen hatte, gab ein heterogenes Bild ab. Mariusz Kwiecien sang einen kraftvollen, jederzeit noblen Onegin, blieb jedoch als Darsteller blass: Onegins Menschenverachtung transportierte der Rollenroutinier nur dezent. Olga Bezsmertna gab die Tatjana im ersten Akt mit der Aufgedrehtheit einer Musicaldarstellerin; im zweiten reichte ihr vokales Wirken von vibratolosen Pianissimi bis zu walkürennahen Spitzentönen, bot aber im Ganzen etwas zu wenig Homogenität.

Verlässlich und durchsetzungsfähig der Lenksi von Pavel Cernoch (Hausdebüt als Ersatz für den erkrankten Rolando Villazón).

Ferruccio Furlanetto fesselte als Fürst Gremin mit seiner Ode an die Liebe, Stephanie Houtzeel war eine leichtgewichtige Larina, Margarita Gritskovas Olga könnte noch an Unbeschwertheit und Natürlichkeit gewinnen. Eine Idealbesetzung, die gute Seele dieser Aufführung: Aura Twarowska als Amme Filipjewna. Begeisterung. (Stefan Ender, 26.2.2018)