Über 76.000 Menschen mit einer Herzkrankheit machen nach der Akutbehandlung eine Rehabilitation.

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Wer einen Herzinfarkt erlitten hat, muss – neben der Einnahme von Medikamenten – vor allem seinen Lebensstil dauerhaft umstellen: Nicht rauchen, sich ausreichend bewegen und gesund ernähren. Reha-Spezialisten beklagen dabei immer wieder, dass bei den Betroffenen die Effekte der Rehabilitation nur für begrenzte Zeit nachwirken.

"Viele Patienten sind nur für kurze Zeit motiviert, nach einem Herzinfarkt ihre Risikofaktoren zu verbessern, einige Monate später kommt es dann aber wieder zu den alten ungesunden Lebensgewohnheiten. Das erhöht die Gefahr eines erneuten Herzinfarktes", sagt Harm Wienbergen, Leiter der deutschen Studie IPP (Intensives Präventions-Programm nach akutem Myokardinfarkt in Nordwest-Deutschland).

Gemeinsam mit Rainer Hambrecht vom Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung am Klinikum Links der Weser untersuchte er nun, wie die Effekte einer kardiologischen Rehabilitation im Langzeitverlauf gehalten oder sogar verbessert werden können.

Präventionsassistenten als Bindeglied

Über 76.000 Menschen mit einer Herzkrankheit gehen nach der Akutbehandlung in eine Rehabilitation. Etwa 80 Prozent der Reha-Patienten leiden an der koronaren Herzkrankheit (KHK). Die Bekämpfung der Risikokrankheiten für Herzinfarkt und Schlaganfall wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen (hohes Cholesterin), Fettleibigkeit und Diabetes stehen daher im Vordergrund der kardiologischen Rehabilitation.

Ergebnisse der IPP-Studie mit insgesamt 310 Patienten zeigen, dass ein langfristiges intensives Präventionsprogramm mit Schrittzählern und telemedizinischer Beobachtung, regelmäßigen Gruppenfortbildungen und Telefonkontakten enorme Fortschritte bringt.

Es hilft, die körperliche Aktivität, die Einstellung der Herz-Kreislauf-Risikofaktoren und die Lebensqualität der Patienten nach zwölf Monaten zu verbessern. Eine Schlüsselrolle spielen medizinische Präventions-Assistenten, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Klinik, Hausarzt und Kardiologen koordinieren und den Kontakt zu Patienten und Angehörigen halten.

Verbesserung der Werte durch Bewegung

Ausdauerbewegung bei Herzpatienten ist wichtig, denn sie hat positive Effekte auf die Durchblutung des Herzens und auf die Funktion des Endothels, der inneren Schicht, mit der Blutgefäße ausgekleidet sind. Wie wirksam das intensive Langzeit-Präventionsprogramm war, zeigte sich in einer Substudie der IPP zur Steigerung der Bewegung der Patienten. Die IPP-Gruppe wurde mit einer Kontrollgruppe verglichen, die nur eine Standardversorgung erhielt.

79,5 Prozent der Patienten der IPP-Gruppe dokumentierten ihre Schritte, 69,7 Prozent länger als sechs Monate. Deren Schrittzahl steigerte sich im Schnitt von 8.073 Schritten pro Tag bei Studienbeginn auf über 9.500 Schritte nach sechs Monaten und auf über 10.000 Schritte nach zwölf Monaten.

Bei den Patienten, die ihre tägliche Schrittzahl innerhalb von sechs Monaten um mehr als 30 Prozent erhöhten, verbesserte sich im Unterschied zur Kontrollgruppe der Body Mass Index (Senkung im Schnitt um 3,9 Prozent), der Blutdruck (Senkung um 4,9 Prozent) und der LDL-Cholesterin-Wert (Senkung um 4,9 Prozent).

Kontrollen der Risikofaktoren

"Die Akzeptanz der Patienten für Schrittzähler und Online-Dokumentation über einen längeren Zeitraum war insgesamt gut. Durch wiederholte Schulungen und den Einsatz der Schrittzähler konnten die Patienten motiviert werden, deutlich aktiver zu sein als die Kontrollpatienten", bestätigt Wienbergen.

"Die Studie hat uns gezeigt, dass die Möglichkeiten langfristiger Prävention bei KHK-Patienten bei weitem nicht ausgeschöpft sind: Nach Herzinfarkten sollte eine bessere langfristige Anbindung der Patienten mit Kontrollen der Risikofaktoren erfolgen", rät der Mediziner (red, 5.3.2018)