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Das Ergebnis der Testwahl in der südostungarischen Kleinstadt Hódmezövásárhely bereitet Viktor Orbán Kopfzerbrechen.

Foto: REUTERS/Stoyan Nenov

Der unerwartet deutliche Wahlsieg des oppositionellen Kandidaten Péter Márki-Zay in der südostungarischen Kleinstadt Hódmezövásárhely hat die innenpolitische Szene Ungarns aufgemischt. Sechs Wochen vor den Parlamentswahlen am 8. April stehen plötzlich lange geglaubte Gewissheiten auf dem Prüfstand. Schien es bisher nur darum zu gehen, ob der Urnengang den rechtspopulistischen Premier Viktor Orbán mit der Zweidrittelmehrheit ausstattet, so scheint jetzt für den Fidesz sogar das Verfehlen der einfachen Mehrheit möglich.

Márki-Zay gewann am Sonntag die Bürgermeisterwahl in Hódmezövásárhely unerwartet klar mit 57 Prozent. Der Orbán-Mann Zoltán Hegedüs kam auf nur 42 Prozent in der 47.000-Einwohner-Stadt. Denn der parteilose Márki-Zay genoss, was bisher in Ungarn selten der Fall war: die Unterstützung aller oppositionellen Parteien. Das Spektrum reichte von den Sozialisten (MSZP) über die Demokratische Koalition (DK), die Ökopartei LMP, die liberale Együtt, die neue Jugendpartei Momentum bis zur rechtsradikalen Jobbik. Im eher konservativen Milieu der Region kam Márki-Zay auch deshalb als glaubwürdig rüber, weil er als engagierter, aber auch offener Katholik bekannt ist. Als ehemaliger Fidesz-Kommunalpolitiker hatte er sich aus Enttäuschung über die herrschende Korruption von der Regierungspartei abgewandt.

Keine sichere Bank mehr

Bis Hódmezövásárhely schien alles eine Bank für Orbán. Der Fidesz ist fast überall die relativ stimmenstärkste Partei. Die Rechtsaußenpartei Jobbik und die Kräfte des zersplitterten links-liberal-grünen Lagers jagen einander die Stimmen ab. Der Triumph Márki-Zays zeigte aber, dass es auch anders geht. Selbst in einer Fidesz-Hochburg wie Hódmezövásárhely: Bisher nahm sich diese wie eine feudale Pfründe von Orbáns bisher mächtigem Kanzleramtsminister János Lázár aus.

In Budapest schalteten die Oppositionsparteien am Montag auf Hyperaktivmodus. Nun geht es darum, in möglichst vielen Einzelwahlkreisen Absprachen über ein koordiniertes Antreten von Oppositionskandidaten zu treffen. Bisher existieren solche nur zwischen MSZP und DK. Gergely Karácsony, der Spitzenkandidat eines Bündnisses der MSZP mit der von ihm geführten Kleinpartei Dialog für Ungarn (PM), erklärte auf einer Pressekonferenz: "Möge am 8. April das ganze Land Hódmezövásárhely werden." MSZP-PM sei nach allen Richtungen offen, wenngleich es mit der Jobbik am schwersten falle. Der LMP-Kovorsitzende Ákos Hadházy bestätigte am Montag, dass seine Partei mit MSZP-PM und Jobbik über ein koordiniertes Antreten verhandeln werde.

Gábor Horn, der Chef des liberalen Thinktanks Republikon, meinte am Montag, dass die Wahl am 8. April zum Mobilisierungswettbewerb werde. "Der Fidesz hat in Ungarn keine Mehrheit, er hat höchstens 2,2 bis 2,3 Millionen Wähler – das heißt, wenn die Opposition zu mobilisieren vermag und die Wahlbeteiligung auf über 60 Prozent klettert, bestehen gute Chancen auf einen Regierungswechsel." In Hódmezövásárhely betrug sie 62 Prozent. (Gregor Mayer aus Budapest, 26.2.2018)