Komponist Jörg Widmann scheint sich bei seinem "Viola Concerto" der ursprünglichen Bedeutung von "concertare" ("wetteifern") erinnert zu haben, lässt er doch Antoine Tamestit darin in Konfrontation mit den Orchestermusikern gehen: Die Harfe zupft, der über das Podium des Konzerthauses wandernde Solist wendet sich zupfend ihr zu, der Tubist stößt einen Ton aus, der Solist erschrickt.

Auch dass sich die Bratsche am Beginn durch Klopfen bemerkbar macht, während Tamestit noch gar nicht zu sehen ist, bietet einen Überraschungseffekt. Witzig, und auch der klangliche Einfallsreichtum ist groß: etwa in neuen Effekten und ihrem Ping-Pong-Spiel zwischen Solo und Tutti sowie einem inszenierten Kräftemessen zwischen orchestraler Wucht und Individuellem.

Die halbstündige Sache wird aber bald langatmig, da die szenischen Mätzchen mit der musikalischen Substanz nicht recht zusammengreifen. Am Pult des Orchestre de Paris organisierte Daniel Harding unfallfrei – und so gelang auch die 9. Symphonie von Gustav Mahler. Ansonsten waren die Eindrücke auch hier zwiespältig: Ungeheuer ausgefeilt agierte das Orchester mit seinem grandiosen Sound, Sinnlichkeit entströmte allem Gesanglichen und dem finalen Adagio.

"Etwas täppisch und sehr derb" – so kann man das Resultat insgesamt nicht bezeichnen, doch traf Harding den Tonfall dieser Vortragsanweisung des 2. Satzes am besten. Dort, wo Wildheit gefordert wäre, wurden zwar Energie geboten, doch blieb alles zu brav. Die plötzlichen Stimmungswechsel wirkten so sicher gesetzt, dass sie mehr nach Effekt als nach Affekt klangen. Und der schwer zu fassende "wienerische" Tonfall fehlte. Der Applaus nicht. (daen, 26.2.2018)