Brüssel/Wien – Der Europasprecher der SPÖ, Jörg Leichtfried, lehnt die Forderung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zwar nicht generell ab, dass Österreich für das nächste mehrjährige EU-Budget keine höheren Beiträge leisten will, doch fehle es der Regierung an einem Konzept. Schlagwörter allein wie Subsidiarität oder dass das Budget nicht steigen dürfe, seien zu wenig, so Leichtfried am Dienstag in Brüssel.

Leichtfried forderte die ÖVP-FPÖ-Regierung auf, die Prioritäten vorzulegen, wie die Finanzierung in dem Bereich künftig aussehen sollte. Natürlich könne man im Agrarbereich "stark" sparen, oder bei den Kohäsionsmitteln. Aber gerade bei der Landwirtschaft gebe es ein "unglaubliches Wirrwarr von Widersprüchen zwischen Kurz, (Europaminister Gernot) Blümel und (Agrarministerin Elisabeth) Köstinger".

"Schamlose Liebe"

Dazu käme eine FPÖ, die "zweifellos keine proeuropäische Partei ist, und die sich weigert, eine Europa zerstörende Fraktion (ENF, Anm.) zu verlassen. Die ÖVP akzeptiert das, ohne Widerworte zu finden." Schließlich gebe es die "schamlose Liebe eines Koalitionspartners, der FPÖ, zu jenen Staaten, mit denen wir gar nichts gemeinsam haben, den Visegrad, die in fast allen europäischen Fragen Kontrahenten von uns sind".

Die Vorsitzende der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Evelyn Regner, hielt der Regierung vor, ein "Schmalspur-Europa" anzustreben. Die ÖVP wolle offenbar Mindeststandards aushöhlen. "In Europa sind derzeit 75 Stunden Wochenarbeitszeit, 13 täglich, und vier Wochen bezahlter Urlaub" als Mindeststandard vorgesehen. In Österreich seien es 50 Wochenstunden, zehn Stunden Höchstarbeitszeit täglich und fünf Wochen bezahlter Urlaub. Auf der anderen Seite würde viel zu wenig Geld für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ausgegeben. "Es ist so, dass eine Kuh in der EU mehr gefördert wird als ein jugendlicher Arbeitsloser", meinte sie überspitzt. Sie kritisierte, dass die Regierung "abfällig von Sozialromantik" rede.

Leichtfried meinte, die Koalition habe eine "Art doppelte EU-Mitgliedschaft entdeckt. Dort, wo es was zu holen gibt, sind sie dabei. Dort, wo Solidarität zu leisten ist, verabschiedet sie sich. Ein derartiges Verhalten schädigt die EU massiv. Wenn das Usus wird, rüttelt das an den Fundamenten der EU." (APA, 27.2.2018)