Das angestrebte "Don't smoke"-Volksbegehren für die Stärkung des Nichtraucherschutzes bringt die Debatte und idealerweise auch den Entscheid über die Zukunft der Rauchverbote in Österreich zu den Bürgerinnen und Bürgern. Sie können dabei davon profitieren, dass in den anderen Ländern Europas bereits viele Erfahrungen mit Rauchverboten gesammelt wurden.

Gemäß den Erhebungen der europäischen Lungenliga wird in Österreich bisher am wenigsten in der Tabakprävention und beim Schutz von Nichtrauchern unternommen. Auf der sogenannten Tabakkontrollskala landet Österreich auf Platz 35 von 35 europäischen Ländern. Die anderen Länder haben insbesondere striktere Rauchverbote in der Gastronomie und am Arbeitsplatz eingeführt.

Umfangreiche Studie

Wir haben untersucht, wie sich diese auf das Wohlbefinden der Menschen in diesen Ländern ausgewirkt haben. Selbst für die Raucher ist nämlich nicht klar, ob sich ein Verbot positiv oder negativ auswirkt. Rauchverhalten wird häufig mit Sucht und beschränkter Willenskraft in Verbindung gebracht. Die Leute rauchen teilweise mehr, als sie langfristig planen und für sich als wünschenswert erachten. Unter dieser Bedingung können Einschränkungen selbst den Rauchern Nutzen stiften, indem sie helfen, den eigenen Konsum zu kontrollieren und auf das langfristig gewünschte Niveau zu bringen.

Für die Messung der Effekte von Rauchverboten auf das individuelle Wohlergehen haben wir die Angaben zur geäußerten Lebenszufriedenheit von knapp 630.000 Personen aus insgesamt 40 europäischen Ländern und Regionen mit Angaben zu den Einführungszeitpunkten von Rauchverboten zwischen 1990 und 2011 verknüpft. In die geäußerte Lebenszufriedenheit fließen alle von einer Person erfahrenen positiven und negativen Auswirkungen einer Politik mit ein.

Dies schließt auch Effekte mit ein, die von den Menschen nicht bewusst einer Politikmaßnahme zugeschrieben werden. Bei der Tabakprävention wären dies beispielsweise Konsequenzen, die sich über das Rauchen oder Passivrauchen auf Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit oder auch Schwindelgefühle ergeben. Bei der Tabakpolitik konzentrieren wir uns auf Rauchverbote in öffentlichen Einrichtungen wie Restaurants, Bars und Diskotheken und an Arbeitsplätzen. Zudem berücksichtigen wir ihre unterschiedliche Stärke und Durchsetzung in den einzelnen Ländern.

Angenehme Nebeneffekte

Wir finden keine systematischen Effekte von Rauchverboten für die Nichtraucher. Die angenehmen Nebeneffekte, dass zum Beispiel die Kleider nach dem Besuch im Restaurant nicht mehr stinken, sind wohl zu gering, oder die Leute gewöhnen sich zu schnell daran, um mit einem solch umfassenden Maß aufgefangen zu werden. Wir finden jedoch, dass mit der Einführung von Rauchverboten die Lebenszufriedenheit jener Personen steigt, die bisher erfolglos versucht haben, mit dem Rauchen aufzuhören.

Dieses Resultat stützt jene verhaltensökonomischen Modelle, welche kurzfristiges Verlangen und die Rolle von Auslösereizen beim Konsum von Suchtgütern ins Zentrum stellen. Raucht beispielsweise jemand neben uns in der Bar, so kann dies bei einem Raucher oder Ex-Raucher ein impulsives Verlangen auslösen, ebenfalls zu rauchen. Er oder sie muss entsprechend Willenskraft aufbringen, um diesem Verlangen zu widerstehen. Aus dieser Perspektive sollten Regulierungen hauptsächlich Situationen reduzieren, die Verlangen nach Zigaretten auslösen.

Neben Stress ist ein übergroßes Verlangen der wichtigste Grund, weshalb Leute wieder mit dem Rauchen beginnen. Das verspürte Verlangen hängt dabei unter anderem von den Versuchungen und Auslösereizen in der Umgebung ab. Situative Bedingungen wirken auf unser Verlangen und beeinflussen so Konsumentscheide.

Dies gilt nicht nur in Zusammenhang mit dem Rauchen, sondern spielt auch beim Essen oder dem Medienkonsum eine wichtige Rolle. Rauchverbote setzen genau dort an, indem sie zumindest in gewissen Umgebungen – beispielsweise am Arbeitsplatz – diese Auslösereize, die durch das Rauchen anderer ausgelöst werden, reduzieren. Dies scheint Rauchern, die aufhören möchten, zu helfen. Sie müssen weniger Willenskraft aufbringen, um dem Verlangen zu widerstehen.

Dies wird durch Rauchverbote viel direkter erreicht als durch Preiserhöhungen. Gelegenheitsraucher können sich dann eher auf die von ihnen gewünschte Zahl von Zigaretten beschränken, und jene, die mit dem Rauchen aufhören möchten, können ihre Pläne eher erfolgreich umsetzen. Dieses Verständnis von Tabakkonsum wird durch unsere Untersuchung gestützt.

Es wäre zu begrüßen, wenn die Bürgerinnen und Bürger in Österreich entscheiden könnten, wie sie den Umgang mit Tabak regeln wollen – vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen und der Einsichten aus der Medizin und der ökonomischen Glücksforschung. (Alois Stutzer, Reto Odermatt, 27.2.2018)