Der Tweet des Anstoßes: "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk geht gegen FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky vor.

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Wien – Nach der Auseinandersetzung zwischen Heinz-Christian Strache und ORF-Moderator Armin Wolf dräut auch einem anderen FPÖ-Politiker ein juristisches Nachspiel. "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk droht FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wegen des Vorwurfs der Lüge mit einer Klage wegen übler Nachrede und Kreditschädigung, sollte er nicht innerhalb von zehn Tagen 1.000 Euro an den Verein Hemayat spenden und die Anwaltskosten in dieser Causa übernehmen. Das bestätigte Klenk dem STANDARD: Dieser "Angriff auf eine recherchierende Kollegin" werde nicht akzeptiert. Hemayat ist ein Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsopfer.

Ausgangspunkt des Disputs zwischen Protagonisten der FPÖ und der Wiener Stadtzeitung ist ein Tweet von FPÖ-Generalsekretärin Marlene Svazek: Sie warf dem "Falter" am Wochenende vor, einen "neuen Tiefpunkt im pseudoinvestigativen Journalismus" erreicht zu haben. Der Grund ist ein geplantes Porträt über Svazek, für das eine "Falter"-Redakteurin im Umfeld der FPÖ-Politikerin recherchierte – etwa bei der Landjugend. Svazek echauffierte sich darüber auf Twitter: "Im privaten Umfeld schnüffeln, um zutiefst intime und familiäre Details zu erfragen. Gattung Politiker, zum Abschuss offenbar freigegeben. Geht's euch eigentlich noch gut?"

Vilimsky: "Das ist eine glatte Lüge!"

FPÖ-Generalsekretär Vilimsky assistierte: "Mieseste Methoden sind das. Aber den 'Falter' liest eh kaum wer. Manche nennen ihn ein 'Bolschewikenblattl'."

Im Zuge des Threads schrieb er in Richtung "Falter"-Chefredakteur Klenk: "Das ist eine glatte Lüge! Es wurde nach dem exakten Wohnort, den Eltern, deren Beziehungsstatus und Herkunft, der Schule, nach privaten Geflechten und Bewegungsprofilen geschnüffelt. Widerlich ist derartiges unter dem Deckmantel der Pressefreiheit!"

Dass Vilimsky nach der Klagsdrohung Klenks seinen vorherigen Tweet relativierte und schrieb "Lüge würde die Wissentlichkeit voraussetzen. Diesen Vorwurf nehme ich hiermit zurück", ist Klenk zu wenig: "Diese Doppelstrategie – zuerst Lüge unterschieben, dann angeblich zurückrudern, akzeptiere ich nicht", sagte er zum STANDARD.

Vilimsky habe seinen Tweet nicht einmal gelöscht. Mit solchen Unterstellungen vergifte die FPÖ den Diskurs. Er rate allen Journalisten, sich gegen "Diskreditierungen" zur Wehr zu setzen und zu klagen: "Law and Order im Medienbereich." Ob Vilimsky das außergerichtliche "Angebot", wie es heißt, annimmt, ist noch unklar. Für den STANDARD war der Generalsekretär vorerst nicht erreichbar – weder telefonisch noch per Mail-Anfrage.

ÖVP Niederösterreich musste Vorwurf der Lüge zurückziehen

Erfolgreich zur Wehr gesetzt hat sich Klenk etwa bereits gegen die niederösterreichische ÖVP und ihren Geschäftsführer Bernhard Ebner. Der Politiker hatte die Wiener Stadtzeitung beschuldigt, in der Berichterstattung über die umstrittene Stiftung von Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll "gelogen" zu haben. Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung bezahlten die ÖVP Niederösterreich und Ebner jeweils 7.500 Euro an Klenk, der das Geld an den Verein Hemayat weiterleitete.

ORF-Mitarbeiter gegen FPÖ-Politiker

Der Disput zwischen Klenk und Vilimsky ist nur ein Schauplatz einer ganzen Reihe an juristischen Auseinandersetzungen zwischen FPÖ-Politikern und Journalisten. Vor "ZiB 2"-Moderator Armin Wolf, der FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache wegen eines Facebook-Postings klagt, ging auch ORF-3-Chefredakteurin Ingrid Thurnher gegen einen FPÖ-Politiker vor. Sie klagte den Kärntner Landtagsabgeordneten Harald Trettenbrein, der ihr Bild auf Facebook mit einem falschen Zitat geteilt hatte, dem zufolge die ORF-Moderatorin Alexander Van der Bellen im Präsidentschaftswahlkampf unterstütze. Das Landesgericht Klagenfurt sprach Thurnher 3.000 Euro Schadenersatz zu, Trettenbrein geht in die nächste Instanz – DER STANDARD berichtete.

Bereits vor zwei Jahren wehrte sich etwa "Kurier"-Fotograf Jürg Christandl gegen eine Behauptung Straches, dass Christandl eine Aufnahme mit Flüchtlingen inszeniert habe. Strache wurde dabei von Johann Gudenus, damals Klubobmann der Wiener FPÖ, sekundiert. Beide FPÖ-Politiker mussten ihre Aussagen zurücknehmen und 9.000 beziehungsweise 2.500 Euro an die Flüchtlingshilfe des Wiener Roten Kreuzes spenden. Gegen Vorwürfe der FPÖ erfolgreich gewehrt hatte sich auch ORF-Redakteur Ed Moschitz. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit nach einer "Am Schauplatz"-Reportage über Neonazis bekam er im Sommer 2017 vom Oberlandesgericht Wien eine Entschädigung von der FPÖ in der Höhe von 17.000 Euro zugesprochen. (Oliver Mark, 28.2.2018)