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Der Saturnmond Enceladus, von der Nasa-Sonde Cassini aus geknipst: Er gilt bei der Suche nach außerirdischem Leben als heißer Kandidat.

Foto: AP/Nasa

Der mutmaßliche Ozean unter dem Eispanzer von Enceladus könnte Leben beherbergen. Die Cassini-Sonde der Nasa sammelte bei Passagen durch Wassereisfontänen aus dem Inneren des Mondes Proben, die komplexe Biomoleküle enthielten.

Illustration: Nasa

Der überwiegende Teil des Spurengases Methan in unserer Luft stammt aus biologischen Prozessen. Beispielsweise bei Fäulnisprozessen steigt es aus Sümpfen und Wäldern auf. Es entsteht unter Luftabschluss, beteiligt sind dabei Mikroorganismen. Deshalb werden Astrobiologen hellhörig, wenn das Kohlenwasserstoffgas auch auf fremden Himmelskörpern gefunden wird. Sogar auf dem Saturnmond Enceladus könnte Methan der chemische Fingerabdruck von Lebewesen sein – das hat ein internationales Team, angeführt von Forschern der Universität Wien, nun herausgefunden.

In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature Communications" berichten sie über Experimente, in denen sie die Umweltbedingungen auf dem Eismond nachgestellt haben.

Ozean unter der Eiskruste

Mit Temperaturen von etwa minus 200 Grad Celsius auf seiner eisbedeckten Oberfläche ist der sonnenferne Enceladus auf den ersten Blick kein Ort, wo man Leben erwarten würde. Doch einige Kilometer unter seiner Kruste existiert ein globales salziges Gewässer. Das wissen die Planetenforscher nach mehreren nahen Vorbeiflügen der Nasa-Sonde Cassini, deren Mission im vergangenen September endete. Auf der Oberfläche des Mondes fällt die geologisch aktive Region auf dem Südpol auf, von dort spucken Fontänen Wasserdampf, Gase und Eispartikel ins Weltall. Aus deren chemischer Analyse ist bekannt, dass auf dem Meeresgrund heiße Quellen existieren, deren Temperaturen knapp 100 Grad erreichen.

Die Forscher um Simon Rittmann vom Department für Ökogenomik und Systembiologie wollten wissen, ob in dem fernen Tiefenmeer irdische Organismen aus der Gruppe der Archaea überleben können. Diese methanbildenden, zellkernlosen Einzeller (Methanogene) gelten als die ältesten Lebensformen unseres Planeten, sie benötigen für ihren Stoffwechsel und als Energiequelle Wasserstoff und Kohlendioxid. Beide Gase hatte Cassini in den Wolken aus den Fontänen des Mondes nachgewiesen.

Laut Rittmann erwiesen sich manche Mikroben im Labor als regelrechte Überlebenskünstler: "Wir haben gezeigt, dass Methanogene unter Enceladus-ähnlichen Bedingungen zur Vermehrung fähig sind und ein Teil des in den Fontänen nachgewiesenen Methans prinzipiell biologischen Ursprungs sein könnte." Den Beweis dafür lieferte zum Beispiel der methanbildende Organismus Methanothermococcus okinawensis. Rittmann: "Insbesondere ein Stamm aus der japanischen Tiefsee, der an sehr hohe Temperaturen und hohen Druck angepasst ist, war besonders geeignet." Der robuste Organismus stammt aus hydrothermalen Schloten in der Okinawa-Senke fast 1000 Meter unter dem Meeresspiegel.

Simuliertes Enceladus-Meer

In den Laborexperimenten stellten die Forscher der Uni Wien und der Uni Linz die wahrscheinlichen Druck- und Temperaturbedingungen und die chemische Umgebung nach, soweit sie über das Innere des Enceladus bekannt sind; Modellrechnungen dazu führten Kollegen an den Universitäten in Bremen und Hamburg durch. Anschließend untersuchten die Biologen die Produktivität ihrer einzelligen Probanden.

Es zeigte sich, dass die japanischen Tiefseemikroben bei Drücken bis zu 50 Bar problemlos ihrer Vermehrung nachgehen, bei noch höheren Druckwerten nahm ihre Aktivität ab. Auch andere Archaea behaupteten sich in dem simulierten Enceladus-Meer.

Momentan fahndet auch der Exomars-Satellit nach den Quellgebieten von Methan auf dem Roten Planeten. Mit den Messungen der europäischen Sonde wollen die Forscher mögliche Marsmikroben aufzuspüren. Sucht man womöglich auf dem falschen Himmelskörper? So weit würde Rittmann nicht gehen, aber: "Eismonde wie Enceladus oder der Jupitermond Europa, der ebenfalls einen unterirdischen Ozean besitzt, sind heiße Kandidaten für die Suche nach Leben außerhalb der Erde", sagt der Forscher.

Sollte es wirklich methanbildendes Leben auf Enceladus geben, könnte dies womöglich durch typische Biosignaturen, etwa Lipide oder verräterische Isotopenverhältnisse bei Kohlendioxid und Methan, nachgewiesen werden. Jedenfalls zeigen die Daten, dass Vorsicht geboten ist. Denn es besteht die Gefahr, dass die Eismonde im äußeren Sonnensystem mit irdischen Organismen kolonialisiert werden, die durch nichtsterile Raumsonden dorthin gelangen. Aus diesem Grund wurde die Cassini-Sonde am Ende ihrer Mission im Wolkenmeer des Saturn entsorgt. (Thorsten Dambeck, 28.2.2018)