Die Pyramide des Chephren thront seit viereinhalb Jahrtausenden zwischen den Gräbern des Cheops und des Mykerinos auf dem Plateau von Gizeh.

Foto: Mamuz

Die große Pyramide des Cheops wirkt als Modell aus Kork erstaunlich echt.

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Pharao Snofru ließ sich gleich drei große Pyramiden errichten: die Pyramide von Meidum, die Knickpyramide und die Rote Pyramide, welche beide in Dahschur stehen. Ihre Modelle zeigen den inneren Aufbau.

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Imhotep erbaute für Pharao Djoser die erste Pyramide, die Stufenpyramide von Saqqara. Ihm wurde später göttliche Verehrung zuteil.

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Jahrhunderte später errichtete sich ein anderer Baumeister der Pharaonen eine Grabanlage mit drei Kultpyramiden. Zu sehen sind das Modell der Grabanlage Sennedjems...

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...und ein Nachbau seiner unterirdischen Sargkammer.

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Der Totentempel von Mentuhotep II. in Deir el Bahari wurde schon in antiken Zeiten durch einen Bergsturz schwer beschädigt. Im Mamuz lässt ein Modell die einstige Pracht erahnen.

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Mistelbach – Der Chamsin empfängt die Besucher gleich beim Eintritt. Zwar ist der heiße und trockene Wüstensturm nur als Videoprojektion im Mamuz Museum Mistelbach zugegen, doch schafft er den Neuankömmlingen die passende Atmosphäre: Die neue Ausstellung Faszination Pyramiden führt sie in die Wüste Ägyptens. Schon vor Jahrtausenden umwehte der Chamsin, den die alten Ägypter Resetyu – den Südwind – nannten, die gewaltigen Grabmäler der Pharaonen. Und wie der Wüstenwind begleitet auch die von den ewigen Bauwerken ausgehende Faszination die Menschen durch die Zeiten.

Für Mamuz-Geschäftsführer Peter Fritz ist es die Aufgabenstellung seines Hauses, einen Bogen von der frühen Geschichte des Menschen in die Gegenwart zu spannen. Wie schon in den vergangenen Jahren mit den Themenausstellungen über Mammuts, Ötzi und Stonehenge konzeptuell umgesetzt, dreht sich auch die neue Ausstellung folgerichtig nicht nur um die altägyptische Architekturgeschichte, sondern auch um die Bedeutung und den Einfluss der Baudenkmäler bis in unsere Zeit. Insbesondere die Rezeption der Pyramiden und Obelisken steht in Mistelbach im Fokus.

Königliche ...

Detailverliebte Modelle der wichtigsten Pyramiden dominieren die Schau, die in etwas anderer Form zuvor in Liechtenstein gezeigt wurde. Eine Besonderheit der meisten Nachbildungen stellt die Möglichkeit dar, aufgrund ihres geschickten Aufbaus einen Blick ins Innenleben der künstlichen Berge zu werfen. Gleichzeitig kann der Ist-Zustand mit dem ursprünglichen Aussehen verglichen werden. Ergänzend dazu geben originale Porträtplastiken den ehemaligen Besitzern der Grabmäler ein Gesicht, darunter Chephren und Mykerinos. Die Leihgaben stammen aus bedeutenden ägyptischen Sammlungen, neben dem Kunsthistorischen Museum Wien auch aus Hildesheim, Leipzig, Berlin und Basel.

Ein besonderes Highlight der Schau ist der Nachbau der Grabkammer des Sennedjem. Der Baumeister diente den Pharaonen Sethos I. und Ramses II. zu einer Zeit, als Pyramiden längst nicht mehr den symbolischen Status des Königsgrabes innehatten.

... und private Grabmäler ...

Sennedjem schuf für sich und seine Familie eine Grabanlage mit drei Kultpyramiden auf dem Friedhof Deir el-Medina in Theben. Dieses Grab wurde 1886 unberaubt entdeckt und ist für seine Wandmalereien berühmt. Diese sind in der begehbaren Kammer erlebbar, während ein Blick auf das Modell der gesamten Anlage zeigt, dass man sich dabei eigentlich gute zehn Meter unter der Erdoberfläche befindet.

Während es bei anderen Ausstellungen darum gehe, die Räume zu füllen, ließen sich im Mamuz ganze Landschaften herstellen, zeigt sich der Kurator Christian Tietze von den Räumlichkeiten, einer ehemaligen Produktionshalle für landwirtschaftliche Maschinen, begeistert. Der zweistöckige Präsentationsraum ermöglicht den Blick aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Modelle der antiken Baudenkmäler – unter anderem auf jenes des Totentempels von Mentuhotep II. in Deir el Bahari. Dieser Pharao konnte vor etwas mehr als 4.000 Jahren Ober- und Unterägypten erneut einigen und begründete damit das Mittlere Reich. Die Darstellung zeigt eine Pyramide als zentrales Element des Tempels. Deren Existenz ist jedoch umstritten, an dieser Stelle könnte sich ursprünglich auch eine einfache Mastaba oder ein Urhügel befunden haben. Jedenfalls ist die Anlage ein Bindeglied zwischen den Pyramiden des Alten Reiches und den "Millionenjahrhäuser" genannten Totentempeln nachfolgender Herrschergenerationen.

Bemerkenswert sind auch die Cheops- und die Cestius-Pyramide aus der Werkstatt Dieter Cöllens. Cöllen ist Phelloplastiker – er errichtet architektonische Modelle aus Kork und hat damit ein jahrhundertealtes Handwerk wiederbelebt. Kork ist als Material geeignet, um die verwitterten Oberflächen antiker Bauten nachzubilden. Die Cestius-Pyramide in Rom ist ein Dokument für einen antiken Modetrend: Nachdem Octavian Ägypten besetzt hatte, ließ sich die römische Oberschicht selbst gern bestatten wie die Pharaonen. Mehr als 18 Jahrhunderte später schwappte die ägyptische Mode erneut über die Gesellschaft Europas, diesmal war es Napoleon, der mit seinem Feldzug für Ägyptomanie sorgte.

Von der ewig aktuellen Architektur der Pharaonen zeugen zahlreiche pyramiden- und obeliskenförmige Bauwerke in aller Welt, wie zum Beispiel der Obelisk im Schlosspark von Schönbrunn oder der Obelisk am Heldenberg im Weinviertler Kleinwetzdorf. Besonders reizvoll sind die ebenfalls im Original gezeigten ägyptisierenden Plastiken aus dem Pantheon von Wörlitz. Die ägyptische Mode umfasste aber praktisch alle Lebensbereiche, was in Freimaurersymboliken, Bühnendekorationen für Opern bis zu Tafelaufsätzen, Zigerettendosen und kunstvoll gestalteten Exlibris seinen Niederschlag fand. Erstmals wurde in einer Ausstellung des Mamuz der Nähe zum Nachbarn Rechnung getragen, die Grenze zur Tschechischen Republik ist nur wenige Kilometer entfernt. Die Beschreibungen sind gleichberechtigt auf Deutsch und Tschechisch verfasst, und sogar in den interaktiven Elementen wurde das Konzept umgesetzt. Auch die Öffentlichkeitsarbeit wurde auf das Nachbarland ausgedehnt.

... für die Ewigkeit

Begleitet wird die Pyramidenschau von einem umfangreichen Rahmenprogramm. So können Kinder in Workshops schreiben und bauen wie die alten Ägypter, für die Erwachsenen gibt es eine Vortragsreihe mit Ägyptologen.

Während der Chamsin den östlichen Mittelmeerraum üblicherweise nur drei oder vier Tage im Frühjahr heimsucht, bläst er im Weinviertel bis fast Ende November. So lange können sich die Mamuz-Besucher vom Mythos der Pyramiden faszinieren lassen. (Michael Vosatka, 11.3.2018)