Bild nicht mehr verfügbar.

Blumen oder doch warmer Tee am Straßenrand einer Frauentagsdemo? Der 8. März lässt viele Männer rätseln.

Foto: Getty Images/EyeEm/Olivia Collins

Ja ist den schon wieder Weltfrauentag?! Was machen wir Männer denn jetzt? Sollen oder dürfen wir was schenken? Ist das dann nicht irgendwie sexistisch? Und wieso muss es überhaupt einen Extratag für Frauen geben, es dreht sich doch sowieso schon alles nur um die. Wir Männer sind doch das eigentlich benachteiligte Geschlecht. Wir werden maximal Papst oder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber selbst dann lässt man uns nicht in Ruhe, und wir müssen uns an diesem Scheißtag irgendwas Nettes über Frauen aus der Nase ziehen,

anstatt ihnen wie sonst ungefragt zwischen die Beine zu greifen. Alles sehr anstrengend und lästig.

Also erstmal durchatmen. Die anderen 364 Tage im Jahr sind Weltmännertage, da brauchen wir uns gar nichts vorzumachen. Außerdem haben wir es ja bislang auch mühelos geschafft, dass sich der 8. März am Ende um unsere Bedürfnisse und Belange dreht. An solchen Tagen treibt uns der Feminismus bekanntermaßen besonders nachdrücklich in die Pornofalle.

Was so ein Weltfrauentag mit uns macht, das kann sich keiner vorstellen. Schlimm, dieser Feminismus. Ganz schlimm. Aber wenn alle Stricke reißen, lassen sich die Weiber zum Glück an ihrem Ehrentag mit Strauchwerk oder Schnittblumen besänftigen. Dekoratives für Dekorationsobjekte. Oder wie die Landespolizeidirektion Oberösterreich im letzten Jahr feststellte: Frauen sind so ein schönes Beiwagerl, da kann man(n) ruhig mal Danke für sagen.

(Hier bitte kurz imaginieren, wie ich beim Schreiben dieses Textes "You Decorated My Life" von Kenny Rogers summe.)

Was aber, wenn Frauen etwas ganz anderes wollen? Wenn wir uns nicht damit aus der Affäre ziehen können, dass wir "heute mal den Abwasch machen" und uns einmalig auffällt, dass sich "das bisschen Haushalt" eben nicht von allein macht und man Frauen nicht qua Geschlecht von Führungspositionen und Gestaltungsoptionen fernhalten sollte. Was dann? Nachher geht es wieder um Gleichberechtigung und solche Sachen. Weltfrauentag, so munkelt man hinter vorgehaltener Hand, heißt ja bei einigen auch Frauen*kampftag.

Am Ende gehen die noch auf die Straße, werden laut und protestieren.

Wollen wir es hoffen, schon aus rein egoistischen Gründen, denn Frauenrechte sind auch Menschenrechte. Überall da, wo Frauenrechte unter Druck geraten, stehen zugleich andere Rechte auf dem Spiel: Pressefreiheit. Meinungsfreiheit. Die Freiheit, gleichgeschlechtlich zu lieben, ohne dafür verächtlich gemacht, bespuckt oder gar gefoltert und getötet zu werden. Der leider viel zu früh verstorbene Autor Christopher Hitchens bemerkte in diesem Zusammenhang einmal, dass das Heilmittel für Armut einen Namen hat: die Ermächtigung von Frauen. Dort, wo Frauen ihre reproduktiven Rechte sowie gesellschaftliche und finanzielle Teilhabe zugebilligt bekämen, würde sich die Armut verringern und Bildung, Gesundheit und Optimismus ansteigen. In einer solchen Gesellschaft zu leben ist auch für Männer ein erstrebenswertes Ziel. Und nebenbei würde eine solche Gesellschaft es Männern auch eher ermöglichen, ihre Probleme zu adressieren und zu verhandeln, ohne sich dabei Whataboutisms und anderer Ablenkungsstrategien zu befleißigen.

Wollen wir es auch aus weniger selbstbezogenen Gründen hoffen. Denn auch nach 100 Jahren Frauenwahlrecht bleibt einiges zu tun. Die Frauenquote in den deutschsprachigen Parlamenten verharrt bei etwa einem Drittel. Frauen in Führungspositionen sind immer noch mehr Erscheinung denn Selbstverständlichkeit. Zugleich werden sie großflächig zu Care-Tätigkeiten verpflichtet, um ihre Reproduktionsrechte gebracht, entmündigt und immer wieder verbal oder tätlich angegangen. Die Zielsetzung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kann sich nicht in diesem Status quo erschöpfen. Auch dann nicht, wenn er besser ist als anderswo. Siehe Whataboutism.

Kein Tag für Beschwichtigungsgesten

Also schenken Sie ruhig Blumen. Aber nicht im Sinne von Blumen ODER Gleichberechtigung. Nicht Wertschätzung, die vereinfacht und einhegt. Der 8. März sollte nicht der Tag für Beschwichtigungsgesten an das weibliche Geschlecht sein. Das sind leider nämlich schon alle anderen. An denen ist der Gender Pay Gap angeblich gar nicht so hoch und irgendwie auch selbstverschuldet. An denen gelten Frauen als zu zickig oder zu freundlich, zu aggressiv oder zu einschmeichelnd, zu aufreizend oder unvorteilhaft gekleidet. An denen sollen sich Frauen gefälligst nicht so haben.

Schenken Sie lieber Blumen im Sinne von: Hier sind Blumen, du bist toll, ich feiere dich. Und jetzt geh ich als österreichischer Mann schnell das Frauenvolksbegehren unterzeichnen, das hätte ich schon längst machen sollen! (Nils Pickert, 4.3.2018)