Lasagne bolognese ist ein höchst abstraktes Essen. Fleisch und Gemüse, Käse und Getreide, Milch und Eier vereinen sich zu einem Ganzen, das viel mehr ist als die Summe seiner ohnehin schon beachtlichen Teile und so gar nicht mehr nach dem aussieht, aus dem es entstanden ist – gebackene Kultur, der Reichtum menschlicher Landwirtschaft in Auflaufform. Dass etwas so Verarbeitetes ganz köstlich sein kann, zeugt von der schöpferischen Kraft der Kochkunst.

Eine gute Lasagne ist komplex, aber nicht kompliziert, köstlich, aber nicht abgehoben, demokratisch, aber nicht gewöhnlich oder öd. Sie ist süchtigmachend wie Trüffeln, mit einem Wohlfühlfaktor von Erdäpfelpüree. Sie lässt sich nicht nur perfekt vorbereiten, sie wird mit der Zeit auch immer noch besser. Und vielleicht am besten: Sie ist (oder war zumindest einmal) ein wunderbarer Weg, aus Resten – Fleischabschnitten, Käseresten, nicht so perfektem Gemüse – etwas ganz Neues, Wunderschönes entstehen zu lassen. Es gibt nicht viele Gerichte, die all das von sich behaupten können.

Lasagne bolognese.
Foto: Tobias Müller

Lasagne bolognese steht und fällt mit der gleichnamigen Sauce. Bibliotheken sind bereits über ihre richtige Zubereitung geschrieben worden, zahlreiche Autoren haben sich schon mit den ebenso zahlreichen Fragen dazu abgemüht: Welches Fleisch ist ideal, soll es gebraten oder nur gegart werden, kommt Rot- oder Weißwein hinein, Tomatensauce ja oder nein, Milch oder keine Milch, und wenn ja, wann? Ich bin für mich zu dem Schluss gekommen: Feinheiten machen hier keinen so großen Unterschied – wie so viele Eintöpfe ist Bolognese ein verzeihendes, ermutigendes Gericht. Was so lange und mit so vielen Aromastoffen gekocht wird, wird am Ende immer ziemlich gut. Hier ein paar Punkte, die ich wichtig finde:

- Das Fleisch muss schön durchzogen sein. Nehmen Sie niemals abgepacktes Supermarktfaschiertes, sondern lassen Sie sich ein sehr fettes Stück (Hals, Brust, Bauch) frisch faschieren.

- Packen Sie genug Umamibomben und Glutamatspender in Ihre Sauce, egal ob es Sojasauce, Fischsauce, Sardellen, Hühnersuppe, Parmesan oder getrocknete Pilze sind.

- Milch ist gut, egal wann sie dazukommt.

- Sparen Sie bei den Tomaten. Bolognese ist eine Fleisch-, keine Tomatensauce.

- Lange und langsam kochen. Das ist essenziell für den Geschmack.

Ich habe über die Jahre mit mehreren Bolognese-Varianten experimentiert, die von sehr einfach (etwa Marcella Hazan) bis sehr kompliziert (Kenji Lopez-Alt ) reichen. Meine liebste Version ist eine Mischung: eine vereinfachte, leicht abgewandelte Version der komplizierten Sauce von Lopez-Alt. Sie enthält einen kleinen Zoo – nicht weniger als fünf verschiedene Tiere werden darin verkocht und so ziemlich jedes Glutamatprodukt, das in einem Vorratskasten zu finden ist. Das Ergebnis ist eine geschmackliche Urgewalt, die man am liebsten gleich so aus dem Topf löffeln möchte.

Der finale Schritt – der zur fertigen Lasagne – ist dann kein riesiger mehr. Trotzdem habe ich ihn bis vor wenigen Monaten nicht gewagt – zu gut war stets die Bolognese, um sie noch weiterzuverarbeiten. Kurz vor Weihnachten habe ich mich dann aber doch durchgerungen (weil ich ein aufwärmbares Essen für zwölf Leute vorbereiten musste), und ich muss zugeben: Das zwischen Teig zu schichten und mit noch mehr Käse zu pimpen hebt das alles doch noch einmal auf ein neues Level.

Sicher, Lasagne bolognese ist arbeitsintensiv. Zuerst muss die Bolognese gekocht werden, an sich schon ein mehrere Stunden dauernder Prozess, und dann noch die Lasagne gebaut und gebacken werden. Der motivierte Koch kann dazwischen auch den Teig noch selbst kneten und ausrollen. Das kann man entweder als Ärgernis sehen oder als wunderbare, mehrfach bereichernde Beschäftigung an einem kalten Wintertag. Für vier Esser ist die Aufgabe leicht in sechs gemütlichen Stunden machbar, für größere Mengen empfehle ich, die Bolognese an einem anderen Tag vorzukochen.

Fünf-Tiere-Bolognese

Bolognese in kleinen Mengen zu kochen zahlt sich nicht aus. Machen Sie mehr, und frieren Sie es schlimmstenfalls ein. Sie brauchen:

- Etwa 1,5 kg Faschiertes, nicht zu mager, am besten eine Mischung aus Rind und Lamm – das sorgt für kräftigen Geschmack. Brust und Hals bieten sich zum Beispiel an.

- 1 Schweinsfuß – der wird am Ende nicht mitgegessen, gibt Ihrer Sauce aber mehr Körper und Gelatine. Ich habe auch schon mit Hühnerfüßen gewürzt – auch super, allerdings finden sich in der Lasagne dann sehr wahrscheinlich verlorengegangene Hühnerzehen.

- 1/2 l Hühnersuppe, 1/2 l Milch, 1 Flasche Weißwein und 1 Dose Paradeiser

- 2 große Zwiebeln, 2 Karotten und 3–4 Stangen Sellerie, klein gehackt, als Gemüsebasis

- 2 Sardellen und bei Lust und Laune etwas Fisch- und Sojasauce

- Gehackter Knoblauch (vier bis fünf Zehen), Petersil, Lorbeerblatt


Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Das Faschierte in einem großen Topf auf mittlerer Hitze braten, bis es nicht mehr rosa ist und jede Menge Fett ausgetreten ist. Mit einem Schaumlöffel aus dem Fett heben und zur Seite stellen. Die Sardellenfilets im Fett braten, bis sie zerfallen sind. Das klein geschnittene Gemüse dazugeben und braten, bis es weich ist und ein wenig Farbe angenommen hat. Hier nicht hudeln, dem Gemüse lieber weniger Hitze und Zeit geben, es lohnt sich später.

Foto: Tobias Müller

Das Fleisch dazugeben und alles gut durchmischen. Kräftig salzen und/oder mit Soja- und Fischsauce würzen. Hitze hochschalten, den Wein dazugießen und mindestens auf die Hälfte einkochen (damit der Alkohol gut verdampft).

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Die Kräuter und den Knoblauch, die Tomaten und den Schweinsfuß (ganz oder geteilt oder auch die entbeinten Knochen) hineingeben, mit Hühnersuppe und Milch aufgießen, zum Sieden bringen und zugedeckt vier, fünf Stunden leicht köcheln lassen. Immer wieder umrühren und den herrlichen Geruch genießen. Den Schweinsfuß herausheben und abschmecken: gut möglich, dass ein paar Schuss Fischsauce, Sojasauce oder Essig fehlen.

Foto: Tobias Müller

Entweder gleich weiterverwenden oder kalt stellen. Wer jetzt nicht mehr warten will und Pasta essen möchte: eine ordentliche Hand geriebenen Hartkäse untermischen, bevor die Sauce auf die Nudeln kommt.

Foto: Tobias Müller

Lasagne bolognese

In Italien scheiden sich die Geister bei der Füllung: Der Norden füllt neben Käse Ragù und Béchamel zwischen die Teiglagen, der Süden Fleischbällchen und Ricotta. Ich habe beides probiert und finde: Der Norden hat hier uneingeschränkt recht. Kenji Lopez-Alt schmilzt zudem noch extra Mozzarella in seine Béchamel – eine ausgezeichnete Idee.

Ich habe beim Teig auf gute Fertigware gesetzt (gibt's etwa in diesem fein sortierten Geschäft) und war sehr zufrieden, wer motiviert ist, kann seinen Teig aber natürlich selbst machen. Wichtig ist, die getrocknete Pasta vorher etwa 30 Minuten einzuweichen, damit sich die Stärke vollsaugen kann – sonst ziehen die Pastablätter später den guten Saft aus der Lasagne, und das Endprodukt wird trocken.

Sie brauchen:

- 1 Packung fertige Lasagneblätter (für vier Personen reichen 15 Blätter)

- 1 ordentliche Portion Bolognese

- 1 Mozzarella, gerieben (Büffel wäre hier Verschwendung, Kuh reicht völlig – womit der Käse dann streng genommen nicht Mozzarella, sondern Fior di Latte heißt, aber die Italiener sind nicht so gut im Durchsetzen von Markennamen wie die Franzosen)

- Nicht zu knapp geriebenen Hartkäse

- 1/2 Liter Béchamel

- geriebene Muskatnuss


Foto: Tobias Müller

Zuallererst die Lasagneblätter mindestens 30 Minuten in Wasser einweichen (zum Beispiel in einer großen Pfanne), bis sie ihre Steifheit verloren haben.


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Inzwischen die Béchamel kochen: zwei Esslöffel Butter in einem Topf schmelzen, ebenso viel Mehl dazugeben und kurz rösten. Mit einem halben Liter Milch unter ständigem Rühren aufgießen und vorsichtig zum Kochen bringen. Den geriebenen Mozzarella und die geriebene Muskatnuss hineingeben und nochmals aufkochen. Gut rühren und von der Hitze nehmen.

Foto: Tobias Müller
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Jetzt geht es ans Lasagnebauen in der Auflaufform. Beginnen Sie mit einer Lage Fleisch, dann verteilen Sie etwas Béchamel und geriebenen Käse darauf, und legen Sie schließlich die Lasagneblätter nicht überlappend darüber.

Foto: Tobias Müller
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Fortfahren, bis die Form nicht ganz voll ist – vier bis fünf Lagen sind meiner Meinung nach ziemlich optimal. Mit Fleisch/Béchamel/Käse enden. Bei 180 Grad gute 45 Minuten im Rohr backen, bis die Lasagne schön knusprig ist. Zehn Minuten auskühlen lassen. Nicht zu gierig sein: Was auch immer übrig bleibt, schmeckt am nächsten Tag noch besser.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, 4.3.2018)

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