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Noch einmal umbauen: Alexis Tsipras musste wegen des Rücktritts eines Ministerehepaars zu Beginn der Woche sein Kabinett umbilden. Die letzten Verhandlungen mit den Gläubigern haben gerade begonnen.

Foto: REUTERS / Alkis Konstantinidis

Der Erzbischof wurde gar nicht erst einbestellt, Bibel und Ikone wollten die Altkommunisten für ihre Amtsvereidigung ohnehin nicht sehen, und so war Alexis Tsipras’ letztes Aufgebot in einer Viertelstunde durch mit dem Termin beim Staatspräsidenten.

Griechenlands linksgerichteter Regierungschef brachte am Donnerstag seine neuen Minister, allen voran das frühere ZK-Mitglied Yiannis Dragasakis (71) und den einstigen Eurokommunisten Fotis Kouvelis (69), zur kurzen Zere monie im Präsidentenpalast in Athen. Knapp sechs Monate vor dem Ende des Kreditprogramms sollte diese ungeplante Regierungsumbildung Märkte und Gläubiger auf keinen Fall beunruhigen. Dragasakis wie Kouvelis gelten als erfahrene Pragmatiker.

Enthüllungen über den staatlichen Mietzuschuss, den seine Arbeitsministerin für eine Wohnung im teuren Athener Innenstadtviertel Kolonaki in Anspruch genommen hatte, brachten Tsipras unter Zugzwang. Rania Antonopoulou trat am Montag unter dem Druck von Medien und Politik zurück. Wenig später folgte ihr Ehemann, Wirtschaftsminister Dimitri Papadimitriou. Das amerikanisch-griechische Ehepaar zählte wie Finanzminister Euklid Tsakalotos und Energie- und Umweltminister Giorgos Stathakis zu den besonders vermögenden Kabinettsmitgliedern. 1.000 Euro Zuschuss im Monat aus der Staatskasse waren also eine Frage der Moral.

Abschluss am 21. Juni

"Ist Rania links?", fragte ein Leitartikelschreiber der Tageszeitung "Efimerida ton Syntakton" ("Die Redakteurszeitung"): "Die Antwort lautet nein. Denn wenn du ein wirklicher Linker bist, nimmst du keinen Mietzuschuss an, während du zur selben Zeit für Kürzungen in großen Teilen der Gesellschaft stimmst. Und besonders, wenn du viele Immobilien besitzt."

Antonopoulou, die Ökonomie am Bard College im US-Bundesstaat New York unterrichtet – ihr Ehemann Papadimitriou ist Leiter des wirtschaftswissenschaftlichen Instituts dieser Privatuniversität – hatte keinen Wohnsitz in Athen, als sie 2015 erst Parlamentsabgeordnete der linksgerichteten Regierungspartei Syriza wurde und später Ministerin. Die insgesamt 23.000 Euro Mietzuschuss, die sie erhielt, will Antonopoulou zurückgeben.

Sie ist nun durch einen Stellvertreter im Arbeitsministerium, Nassos Iliopoulous, ersetzt worden. Das Wirtschaftsministerium, das unter anderem die auch für die letzten Kreditverhandlungen wichtigen Privatisierungen steuert, ging an Dragasakis. Er war seit der Regierungsübernahme von Syriza vor drei Jahren Vizepremier und mit Fragen der Bankensanierung befasst, hielt sich aber meist im Hintergrund. Die Regierung will die letzte Budgetüberprüfung durch die Gläubiger bereits zum 21. Juni abschließen.

Linker Fahrensmann

Unerwartet war die Berufung von Fotis Kouvelis, der den Posten des Vizeverteidigungsministers übernimmt; das Ressort wird von Tsipras’ Koalitionspartner Panos Kammenos, dem Chef der kleinen rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) geführt. Kouvelis hatte 2010 im Dissens mit Tsipras Syriza verlassen und eine neue linksliberale Partei gegründet. Diese stützte die Regierung des konservativen Premiers Antonis Samaras von 2012 an bis zur abrupten Schließung des Staatssenders ERT 2014. Im Folgejahr verließ Kouvelis auch seine Partei und saß seitdem als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament.

Kouvelis übernimmt den Platz von Dimitris Vitsas, der Migrationsminister Ioannis Mouzalas ablöst. Der Wechsel im Migrationsministerium hatte sich seit längerem abgezeichnet. Mouzalas, ein Mitbegründer der NGO "Ärzte der Welt", stand vor allem wegen der weiterhin inakzeptablen Verhältnisse in den Flüchtlingslagern auf den Ägäisinseln international in der Kritik. (Markus Bernath aus Athen, 2.3.2018)