Bern – Lange Zeit dachte man, dass neben anderen ökologischen Faktoren vor allem das Klima bestimmt, welche Pflanzen in einer Region häufig vorkommen und welche selten. Weiter verbreitete Spezies schienen demnach toleranter gegenüber einem breiteren Spektrum an Umweltbedingungen zu sein. Ob auch Wechselwirkungen mit anderen Organismen eine Rolle spielen, um die Seltenheit von Pflanzenarten zu erklären, wurde bisher kaum untersucht. Doch diese ist tatsächlich ein wichtiges Kriterium, wie nun Wissenschafter von der Universität Bern entdeckt haben.

Die Wissenschafter um Eric Allan vom Institut für Pflanzenwissenschaften haben herausgefunden, dass besonders seltene Pflanzenarten, die in der Natur nur noch an wenigen Standorten zu finden sind, viel stärker durch Bodenorganismen geschwächt werden als häufigere Pflanzenarten. Die Studie wurde nun im Journal "Ecology" publiziert.

Über ihre Wurzeln nehmen Pflanzen alle lebenswichtigen Nährstoffe auf und scheiden umgekehrt sogenannte Exsudate aus, organische Kohlenstoffverbindungen, die wiederum vielen Bakterien und Pilzen im Boden als Lebensgrundlage dienen. Dabei versammeln und fördern unterschiedliche Pflanzenarten unterschiedliche Gemeinschaften von Mikroorganismen um ihre Wurzeln. Manche davon begünstigen das Pflanzenwachstum, andere, sogenannte Pathogene, hemmen es.

Schwächende Mikroorganismen

Auf diese Wechselwirkungen konzentrierten sich die Wissenschafter. In einem Gewächshausexperiment mit mehreren seltenen und häufigen Pflanzenarten der Schweiz stellten sie fest: seltene Arten wurden mehr als doppelt so viel durch Bodenorganismen in ihrem Wachstum geschwächt, und akkumulierten diese mehr, als häufigere Arten.

"Wie beim Menschen sind auch bei Pflanzenarten einige anfälliger gegen Krankheiten als andere", sagt Anne Kempel, Erstautorin der Studie. Eine gute Abwehr gegenüber generalistischen Pathogenen im Boden scheint es häufigen Arten zu ermöglichen, neue Habitate zu besiedeln und sich auszubreiten. "Anfälligkeit allerdings verhindert dies und führt zur Seltenheit", erklärt Kempel.

Dabei könnten seltene Arten noch zusätzlich in Bedrängnis geraten: "Vor allem in Zeiten des Klimawandels sind dies schlechte Neuigkeiten", sagt Allan. "Ohnehin schon seltene Arten werden größere Probleme haben, neue Lebensräume zu besiedeln um ihrem klimatischen Optimum zu folgen." (red, 2.3.2018)