Chinesische Investoren haben sich im Vorjahr an 247 europäischen Firmen beteiligt oder diese ganz übernommen. Das entspricht einem Wert von 57,6 Milliarden.

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Bregenz – Knalleffekt in Vorarlberg, der Strumpfhersteller Wolford bekommt neue Besitzer aus China. Eigentlich hätte die Übernahme zuerst firmenintern kommuniziert werden sollen. Doch die Nachricht drang nach außen, was im Stammhaus in Bregenz und auch bei den Verhandlungsteams in Wien "riesigen Wirbel" ausgelöst haben soll. Der Vertragsabschluss war nämlich erst für Donnerstagabend geplant.

Es ist keine Seltenheit mehr, dass chinesische Investoren europäische Firmen übernehmen. 247-mal ist das laut einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsagentur Ernst & Young im Vorjahr in Europa passiert. Insgesamt wechselten 57,6 Milliarden Euro dabei den Besitzer. Fünf heimische Unternehmen wurden von Investoren aus dem Reich der Mitte übernommen, 2016 waren es noch drei. Österreich liegt damit außerhalb des gesamteuropäischen Trends, denn Unternehmenskäufe- oder Beteiligungen gingen 2017 um 20 Prozent zurück. Die Transaktionszahl war aber dennoch die zweithöchste aller Zeiten. "Österreich befindet sich nach wie vor nur am Rande des Radars chinesischer Investoren. Daher wirkt sich die abebbende Kauflust hierzulande kaum aus. Die einzelnen M&A-Aktivitäten verdeutlichen aber, dass sie auch in Österreich gezielt nach Topbetrieben mit starker Spezialisierung und führenden Technologien Ausschau halten", sagt Eva-Maria Berchtold von Ernst & Young. Das Interesse chinesischer Investoren gelte vorrangig Industrie- und Technologieunternehmen sowie dem Finanz- und Energiesektor.

Heimische Übernahmen

Für große Aufmerksamkeit sorgte die Übernahme von Tele2 durch den Mobilfunkkonzern Hutchison Drei um rund 95 Millionen Euro. Bei vier weiteren Transaktionen durch chinesische Investoren wurde der Wert nicht veröffentlicht: Der Mischkonzern HNA Group wurde Mehrheitseigentümer bei der Wiener Fondsgesellschaft C-Quadrat. Weiters stieg die chinesische Haier Group beim Kärntner Solarunternehmen GreenoneTec ein, und der Luftfahrt-Hersteller Diamond Aircraft mit Sitz in Wiener Neustadt wurde von der chinesischen Wanfeng Aviation Industry Corporation übernommen.

31-mal floss seit 1993 Geld aus China in heimische Unternehmen, entweder zur Übernahme oder als Beteiligung. Zu den prominentesten Namen in dieser Liste zählen FACC, Steyr Motors, Palfinger oder Salamander Schuhe.

Zurück ins Ländle: Die Fosun Industrial Holdings Limited mit Sitz in Hongkong will die Aktienmehrheit, 50,87 Prozent des Grundkapitals, von Wolford übernehmen. 22 Millionen Euro sollen als Kapitalerhöhung zufließen.

Die Wolford AG hat turbulente Jahre hinter sich. Allein im Geschäftsjahr 2016/17 betrug der Verlust 18 Millionen Euro. Seit Monaten suchte man nach einem Investor. Die Zustimmung der Hauptversammlung im Mai und der Kartellbehörde vorausgesetzt, ist er mit Fosun gefunden.

Strategie von Fosun ist, europäische Luxusmarken aufzukaufen und an der Londoner Börse zu handeln. Was konkret aus den Produktionsstätten in Vorarlberg und Slowenien wird, ist ungewiss. Wolford beschäftigt 1476 Menschen, 637 in Österreich.

Chinesische Investoren sind in der Vorarlberger Textilindustrie nicht neu. Huber ist seit zehn Jahren im Besitz der australisch-chinesischen Benger Brands Ltd von Robert Ng. Forbes zählt den Milliardär aus Singapur zu den reichsten Männern Südostasiens. Robert Ng machte Huber zum multinationalen Wäschekonzern. Markenware der Labels Huber, Skiny, Hanro, Hom wird in Mäder (Vorarlberg), Portugal und Bulgarien produziert. (Andreas Danzer, Jutta Berger, 2.3.2018)